"Die Münze Nuria"
Märchenroman für Menschen von 8 bis 108 Jahren
Illustrationen von Fabienne Rieger
Hardcover, 112 Seiten,
mit 40 farbigen Illustrationen von Fabienne Rieger
1. Auflage Mai 2007, ISBN 978-3-939881-04-9,
Euro 14,90
Froh & Frei Verlag Franz Cramer GmbH & Co. KG
Wer die glänzende Nuria in die Hände bekommt, darf sich als wahrer Glückspilz bezeichnen, denn diese 1-Euro-Münze erzählt munter ihre Erlebnisse. Nachdem sie frisch geprägt war, ging sie zunächst zur Münzen-Schule. Kein Wunder, dass sie seitdem meisterhaft rollen, rechnen und sogar reden kann!
Voller Sympathie, Neugierde und Mut zeigt Nuria, wozu sie gerne auf der Welt ist: um auf ihren Abenteuerreisen von Hand zu Hand zu wandern und allen Menschen zu bringen, was sie brauchen. Selbst als Nuria plötzlich in einem Computer gefangen ist, nutzt sie ihre Chance: Sie freundet sich mit dem Geld an, das elektronisch rund um den Globus saust. Kennt dieses Geld auch Freude und Schmerz? Wie begegnet es den Menschen?

Lehrer Goldmund und seine Schüler. „Die Münze Nuria“ Seite 111
Dieser einzigartige Märchenroman vermittelt aus einer völlig neuen Perspektive den spannenden und verantwortungsvollen Umgang mit Geld. Spielerisch werden die Leser mit der Funktion des Tauschmittels vertraut. Zahlreiche farbenfrohe Illustrationen von Fabienne Rieger machen die Erzählung zu einem anregenden Familienvergnügen.
Die Münzen-Schule
(Seite 7-10)
Am Rande der Stadt Numismatika, im Wald, dort wo die Hügel allmählich höher werden, fließt in vielen Kurven der Silberbach. An seinem Ufer verläuft eine holprige Straße. Fährst du auf ihr, so siehst du bald, dass sie zum Gipfel des Berges führt. Dort erhebt sich, umgeben von Kiefern, ein sandfarbener runder Turm. Schon von Weitem leuchtet seine Kuppel. Wenn du näher kommst, siehst du, dass diese Kuppel mit hunderten kleiner goldener Kügelchen und ineinander verschachtelter Zahlen bedeckt ist. Eine Tür mit aufgesetzten Metallringen führt in den Turm hinein.
Nur sehr wenige Menschen durften jemals den Turm betreten und seine knarrende Wendeltreppe emporsteigen. Denn ganz oben im Turm befindet sich eine geheimnisvolle Tür, die bislang allen Abenteurern ein Rätsel geblieben ist. In verschnörkelten Goldbuchstaben steht darauf: „Goldmunds Münzen-Schule“.
Viele Leute bleiben immer wieder vor dem Turm stehen, und man hört sie tuscheln: „Dort oben ist ein aufregender, heller Raum voller interessanter Kästchen, Tische und Computer!“ Andere erzählen in geheimnisvollem Ton: „Ich habe gehört, es seien darin auch winzige Aufzüge, Ladenkassen und Edelsteine.“ Bergradfahrer wiederum behaupten: „Wir konnten sehen, dass Vögel durch die offenen Fenster in den Raum flogen, nach einer Weile wieder hinausflogen und dabei ganz neue Lieder trillerten!“ Man munkelt sogar, es sei einer der Räume, in denen aus der Vergangenheit die Zukunft geboren werden würde. Aber was das alles für einen Sinn hat, wusste bisher niemand.
Dies änderte sich, als ich vor ein paar Tagen die Münze Nuria kennengelernt habe, und sie mir von sich und der Münzen-Schule erzählte.

Seither weiß ich, dass Jahr für Jahr viele Euro-Münzen-Kinder in dieser sagenumwobenen Schule spielen, lernen und nachts in einem dicken Münzen-Sammler-Buch schlafen. Tag und Nacht sind die Münzen-Kinder dort beieinander. Ihr geräumiges Schulzimmer ist tatsächlich eine Welt für sich, in der es tausend spannende Dinge zu entdecken gibt! Auf einem großen Tisch üben die Münzen-Kinder am allerliebsten, so lange wie möglich auf ihrem Rand zu rollen, ohne dabei umzukippen. Ihr Lehrer gibt ihnen dafür einen Schubs, damit sie in Schwung kommen. Während die Münzen-Kinder auf dem Tisch auf ihren Schubser warten, beobachten sie durch das Fenster, was um den Turm herum passiert. „Guckt mal da: der Skiläufer! So viele Kurven, wie der fährt, möchte ich auch mal rollen können …“, ruft im Winter eine der anderen zu.
Die Münzen betrachten auch die Autos, die, immer kleiner und kleiner werdend, auf den kurvenreichen Straßen in der Ferne verschwinden. Und was die Bergradfahrer gesehen haben wollen, stimmt tatsächlich: Von den Vögeln lassen sich die Münzen-Kinder gerne besuchen. Denn manchmal picken Vögel gegen die Fensterscheiben, wenn gerade viele Münzen auf dem Tisch ungeduldig darauf warten, dass der Lehrer sie erneut anschubst. Dann bitten und betteln die Münzen so lange, bis der Lehrer einen Kippschalter drückt und sich das Fenster öffnet. Die Vögel fliegen herein, singen mit den Münzen-Kindern im Kanon und nehmen sie in ihrem Schnabel auf eine Runde im Klassenzimmer mit. Die Münzen jauchzen vergnügt in der Luft.
Nuria erzählte mir in so lebendigen Tönen, wie es in der Münzen-Schule zugeht! Alle Münzen-Kinder, die in ihr lernen dürfen, haben darin Tag für Tag spannende Erlebnisse. Bei Nuria selbst ist es nun schon ganze fünf Jahre her, dass ihre Schulzeit begann.
Gleich an Nurias ersten Schultagen kam plötzlich ein großer schwarzer Vogel mit weißem Bauch durch das Fenster in den Raum. Der schöne Vogel setzte sich an den Rand des Tisches und beobachtete scharf eine Münze, die besonders blank glänzte. Leise flatterte er näher und näher. „Vorsicht!“, schrieen einige Münzen. „Oh ja, das ist eine diebische Elster!“, rief der Lehrer. Tatsächlich: Der Vogel schnappte sich die hell funkelnde Münze, flog auf und wollte mit ihr verschwinden. Die Münze hatte richtig Angst und rief scheppernd „Hilfe!“, so laut sie konnte. Glücklicherweise hörte sich das für die Elster genauso an, als sei ein Elsternjunges in Gefahr!

Vor lauter Schreck öffnete die Elster, noch bevor sie aus dem Fenster fliegen konnte, ihren Schnabel und ließ die Münze auf den Boden fallen. Die Münze jammerte zwar etwas, kam aber heil davon.
Sicher fragst du dich: Warum sind Münzen-Kinder überhaupt auf einer Schule? Oh, es gibt eine Menge nützlicher Dinge, die so ein Münzen-Kind in der Schule lernen darf: Lesen, Sprechen in verschiedenen Sprachen, Rechnen … Manchmal entdecken die Münzen-Kinder auch Neues, was selbst ihr Lehrer noch nicht kennt.
So zum Beispiel Nuria, als sie zur Schule ging: Sie probierte aus, wie sie erreichen konnte, mehr oder weniger stark zu glänzen. Und sie schaffte es! Von nun an brauchte sie sich nicht mehr vor der diebischen Elster zu fürchten. Elstern stehlen eben nur alles, was besonders glänzt! Nuria konnte nun ihren Glanz völlig wegzaubern. Und wenn sie es wünschte und gerade keine Elster da war, glänzte sie ganz hell. Nuria ahnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wie nützlich ihr diese Fähigkeit in ganz anderen Augenblicken in ihrem späteren Leben werden würde.
Ist es ein spannender Beruf, eine Münze zu sein?
(Seite 24-26)
Nuria brannte schon die nächste Frage auf der Zunge. Sie fragte Herrn Goldmund: „Alles was wir hier lernen: reden, rollen, rechnen – macht uns sehr viel Freude. Aber Sie sagten, wir dürfen von Mensch zu Mensch wandern. Wie geht das nur?“
„Das ist eine sehr wichtige Frage, liebe Nuria“, antwortete Herr Goldmund. „Ihr Münzen seid Geld, eine geniale Erfindung. Mit Geld können sich die Menschen kaufen, was sie brauchen.“
Nuria entgegnete verwundert: „Aber … könnten die Menschen nicht einfach ihre Sachen gegeneinander eintauschen?“
„Das haben die Leute vor ganz langer Zeit schon versucht“, erwiderte Herr Goldmund. „Aber es ist viel zu kompliziert.“
Der Lehrer erklärte weiter: „Jemand hat einen lustigen Gegenstand erfunden. Es ist …“
„Ein schwebender Kreisel!“, unterbrach ihn eine 1-Cent-Münze.

„Tolle Idee!“, begeisterte sich Herr Goldmund und fuchtelte wild mit den Armen in der Luft herum: „Er hat einen Kreisel für Kinder erfunden, der sich mitten beim Drehen in die Luft erhebt und bis zur Zimmerdecke schwebt, wobei er lustige Glitzersterne aufblitzen lässt. Jetzt überlegt mal: Der Mann braucht für seine Familie Schuhe, einen Schulranzen, Bücher, Gemüse, einen Kühlschrank und Marmelade. Nun müsste er immer einen seiner Kreisel im Tausch gegen all diese Dinge anbieten. Irgendwann hat jeder in der Stadt solch einen Kreisel. Den Leuten würde dieser Kreisel nur noch auf die Nerven gehen. Der Erfinder möchte aber inzwischen auch ein Kaninchen, eine CD und Schoko-Eis für seine Kinder haben. Wie soll er das bekommen? Tja, mit Geld ist das alles viel einfacher. Eine Firma verkauft die Kreisel und alles, was dem Erfinder sonst noch einfällt, im ganzen Land oder sogar auf der ganzen Welt. Der Erfinder kauft sich hier mit seinem Geld, was er braucht.“
„Ich kann mir vorstellen …“, rief Rosso, der griechische 10-Cent-Münzen-Junge aufgeregt, „ich glaube, wenn die Menschen ihre Sachen einfach nur gegeneinander eintauschen würden, täten sie ständig miteinander streiten!“
„Wie kommst du darauf?“, fragte Herr Goldmund nach.
„Na: einer würde sagen, ich habe früher schon mal zehn Kilo Kartoffeln für ein paar Schuhe bekommen, und du willst mir nur sieben geben, das ist gemein!“
„Das hast du goldrichtig erkannt, lieber Rosso“, stellte Herr Goldmund zufrieden fest. „Die Menschen könnten sich beim Tauschen dauernd nicht darüber einigen, wie viel etwas wert ist im Vergleich zu etwas anderem! Woher sollen die Leute zum Beispiel wissen, wie viele solcher Glitzer-Kreisel ein Kühlschrank wert ist?“
„Und“, beeilte sich Rosso auszuführen, „es kann auch sein, dass jemand, sagen wir mal, ein bestimmtes Spiel gerne haben möchte und ganz viele CDs dafür anbietet. Aber trotzdem will der andere den Tausch nicht machen, weil er das Spiel auf jeden Fall behalten möchte!“
„Genau!“, bestätigte Herr Goldmund. „Aus all diesen Gründen seid ihr Münzen und auch die Scheine so wichtig! Dadurch, dass es Geld gibt, kann der Mensch das kaufen, was er selbst braucht. Und er kann verkaufen, was er hergestellt hat, oder er bekommt Geld dafür, dass er für andere gearbeitet hat. Durch die Zahlen, die euch aufgeprägt sind, können die Menschen ihre Waren und Leistungen für immer neu festgelegte Preise kaufen und verkaufen. Für euch als Münzen bedeutet diese Aufgabe, dass ihr von Mensch zu Mensch reisen und viel erleben werdet.“
„Dürfen wir also oft von einem Menschen zum anderen ‚umziehen‘?“, fragte der 10-Cent-Münzen-Junge.
„Ja, häufig sogar mehrmals am Tag“, bekräftigte Herr Goldmund. „Und dabei seid ihr alle wirklich gleich wichtig: ihr kleinen und großen Münzen, die großen Scheine, die kleinen Scheine … Im täglichen Leben werdet besonders ihr Münzen sehr häufig verwendet, zum Beispiel beim Kaufen von Brötchen. Die großen Scheine kommen seltener dran, nur für teurere Sachen. Wenn ein Mensch etwas Wertvolles kaufen möchte, wie etwa eine Gitarre, so zahlt er mit einem großen Schein. Aber auch dann seid ihr wichtig, denn es muss ihm Kleingeld herausgegeben werden. Ohne euch Münzen, das ‚Kleingeld‘, kann der große Schein nichts erreichen! Es kommt immer darauf an, dass ihr alle gut zusammenspielt. Vergesst nie: Nur gemeinsam seid ihr Münzen und Scheine stark!“
Die ganze Schulklasse jubelte bei dem Gedanken, künftig alle miteinander so eine wichtige Aufgabe für die Menschen zu erfüllen. Alle Münzen freuten sich riesig darauf, möglichst bald sehr viel Spannendes zu erleben!

Fast schon "historische" Empfehlung des Finanzministeriums
(Persönliche Referentin des Ministers Steinbrück, Jahr 2009)
Referenz von Dr. R. Muster (Patin im Kinderhilfswerk Plan)
Sie rollt um zu helfen
Ungewöhnlich in der Thematik, aufrüttelnd in der Botschaft, kindgerecht in der Aufmachung zeigt sich dieses Kleinod an Märchenroman, der auf jeden Fall auch eine interessante Lektüre für junggebliebene Erwachsene ist. Hauptperson dieser Erzählung ist eine personifizierte 1-Euro-Münze, die mit ihrer glockenhellen Stimme mit Kindern spricht, in Abenteuer verwickelt wird und als fühlendes Wesen auf den Lauf der Dinge Einfluss nimmt. Als junge Münze geht Nuria auf eine Münzen-Schule, in der sie rechnen, reden, rollen lernt. Im Religionsunterricht berichtet ihr der Lehrer Goldmund in schönen Worten, wie Gott alle Lebewesen geschaffen hat, damit sie Freude aneinander haben (S. 31). Nuria spürt, ihre Berufung ist es, die Menschen auf wirtschaftlicher Ebene miteinander zu verbinden, mit dem Ziel, dass niemand Not leiden muss.

Draußen in der Welt erlebt Nuria die sparsame Isabel, einen Mann, der sein Geld bei Pferdewetten verspielt und einen kleinen Jungen, der sie an seine beste Freundin als sprechende Münze verschenkt. Zu diesem Zweck fasst er sie auf Anraten seiner Großmutter als Schmuckmünze ein – aber Nuria träumt sich woanders hin: in die Hände eines kleinen afrikanischen Mädchens, die in einer Bäckerei um Brot für ihre schwangere Mutter und ihren Bruder bittet – nur hat sie leider kein Geld. Nurias Sehnsucht, zu dem Mädchen zu gelangen, ist groß (S. 78). So richtig glücklich als Schmuckmünze kann sie daher nicht werden, obgleich sie das Mädchen namens Christine mag, die sie um den Hals trägt. In einer dramatischen Szene im Inneren eines Computers, in den sie hineingefallen ist, erfährt sie von ihren virtuellen Kameraden, die um den Globus sausen, dass diese sich ebenso wünschen, auch zu den ärmeren Menschen zu gelangen. Ein hochkarätiger elektronischer „Geldschein“ erzählt, der schönste Moment seines Lebens sei gewesen, als er einmal gespendet wurde und sich sehr viele Menschen gutes Essen, warme Schuhe und Bücher mit ihm kaufen konnten (S. 93-94).
Nuria fasst sich, als sie wieder aus dem Computer befreit ist, ein Herz und berichtet ihrer Freundin Christine, dass sie wieder in Umlauf gelangen möchte, um nicht länger eine Schmuckmünze zu bleiben, sondern den Austausch der Güter und Leistungen der Menschen untereinander zu ermöglichen. Ihr allergrößter Wunsch wäre es, als erstes in eine bestimmte Spendenbüchse zu gelangen, denn auf ihr befindet sich ein Foto des afrikanischen Mädchens, von dem sie geträumt hatte! (S. 103) Christine ermöglicht Nuria, ihren selbstgewählten schönsten Daseinsinn in Erfüllung gehen zu lassen (S. 105). In der Spendenbüchse macht Nuria die Bekanntschaft mit vielen anderen Münzen und Scheinen, die durch die soziale Gesinnung ihrer letzten Besitzer angesprochen und inspiriert wurden. Die Geldstücke erzählen sich gegenseitig, was ihre Besitzer sich mit der Spende für ferne Länder erhofft haben und sind voller Freude, dass sie Hilfe zur Selbsthilfe leisten dürfen (S. 106).
„Die Münze Nuria“ ist ein Buch, das auf bezaubernde Weise nachdenklich macht. Vierzig farbenfrohe, prächtige Illustrationen von Fabienne Rieger verleihen der Erzählung Lockerheit und Leichtigkeit. Sie richtet sich an Menschen von 8 bis 108 Jahren. Bei kindlichen Lesern ist dieses Buch auch eine Vorbeugung gegen Jugendverschuldung, da der Wert jeder einzelnen kleinen Münze emotional erfahrbar wird.
„Die Münze Nuria“ vermag Menschen generationenübergreifend miteinander zu verbinden und zu zeigen, worauf es beim Wirtschaften eigentlich ankommt. Und wie sehr es glücklich machen kann, wenn man durch Schenken Leben zu retten vermag.
Dr. R. Muster
Referenz von Josef Gottschlich (Theologe und Pädagoge)
Visionen von einem neuen Umgang mit Geld –
Sylvia Führer: Kinderbuch „Die Münze Nuria“
Das Thema „Geld“ spielt in der deutschsprachigen Kinder- und Jugendliteratur der letzten Jahrzehnte eine merkwürdig untergeordnete Rolle, sieht man einmal von Michael Endes spätem Meisterwerk „Der Wunschpunsch“ ab, in dem die Geldhexe Tyrannja Vamperl die Menschheit ins Verderben stürzen will. Auch in unseren traditionellen Märchen wird das Geld nur selten thematisiert, meist eher indirekt, wenn Menschen aufgrund ihrer Armut ihre Heimat verlassen müssen, um anderswo ein neues Leben aufzubauen (etwa in „Hänsel und Gretel“ oder „Der kleine Muck“). In „Sterntaler“ der Gebrüder Grimm hingegen wird ein Mädchen für Mitgefühl und selbstlose Liebe am Ende mit einem Goldregen belohnt, ähnlich wie bei der Goldmarie in „Frau Holle“.
Sehr aktuell dagegen ist die Grundaussage des Märchens „Hans im Glück“: Der eigentliche Sinn des Handels liegt im Tauschgeschäft. Vor allem dieses ermöglicht ökonomische Gerechtigkeit und wirkliches Lebensglück, wie auch unser Geld von der eigentlichen Zweckbestimmung ein Tauschmittel ist. Dass es im Laufe der Geschichte dann immer häufiger zu einem Machtinstrument missbraucht wurde, durch Horten großer Geldmengen und eine zutiefst unmenschliche Zinspolitik, wurde schon vor über hundert Jahren vom Wirtschaftsreformer Silvio Gesell kritisiert. Seine Forderung, das Zinssystem zu überwinden und das Geld ständig im Umlauf zu halten, seine Hortung aber mit allmählichem Geldwertverfall der zurückgehaltenen Finanzen zu sanktionieren, um so das Geld wieder zu einem reinen Tauschmittel werden zu lassen, ist heute, im Zeitalter des neoliberalen Globalisierungs-Kapitalismus, aktueller und berechtigter denn je. Kein verantwortungsbewusster Mensch sollte deswegen tatenlos dabei zusehen, wie die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden.
Gerade die Kinder haben oft ein besonders stark ausgeprägtes Gefühl für soziale Gerechtigkeit, das durch gute, zeitgemäße Kinder- und Jugendliteratur besonders unterstützt und vertieft werden sollte. „Die Münze Nuria“ ist ein solches Buch. Die Idee, dass die Geschichte aus der Perspektive einer 1-Euro-Münze erzählt wird, ist originell und entspricht der anthropomorph-animistischen Vorstellungswelt der Kinder, in der alles Vorhandene beseelt und lebendig ist und auch Mitgefühl mit Gegenständen aus der unbelebten Natur (Steine, Schmuckstücken oder eben auch Münzen) nichts Ungewöhnliches ist. Im Laufe der Geschichte wird immer mehr deutlich, wie Nuria selbst darunter leidet, wenn sie zweckentfremdet benutzt wird, etwa von einem Tierquäler, der nur darauf aus ist, durch Pferderennen möglichst viele Gewinne zu machen.
Dieses Mitgefühl mit der Titelheldin, die sich nach einem Dasein sehnt, in dem sie „frei fließen“ kann, in dem die Menschen mit leichter Hand, ohne Neid oder Geiz, geben und nehmen, kann das Bewusstsein der Kinder für soziale und ökonomische Leichtigkeit besonders gut schärfen und gleichzeitig einem allzu sorglosen Umgang mit Geld vorbeugen. Leider sind heutzutage viele bereits im frühen Jugendalter hoch verschuldet, weil sie nicht rechtzeitig gelernt haben, verantwortungsvoll mit Geld umzugehen; Verlockungen des „freien“ Marktes (besonders rund um das Handy) tun ein Übriges.
Aber auch diejenigen, die bereits als Kind über Geld in Hülle und Fülle verfügen, können von Büchern wie Die Münze Nuria vielleicht noch rechtzeitig wachgerüttelt werden, um fragwürdige Verhaltensweisen von Menschen in ihrem Umgang mit Geld kritisch zu beurteilen. Es erwächst in ihnen die Fähigkeit zur Abgrenzung von einem übermäßigen Hang zum Sparen wie auch der Beurteilung anderer nur aufgrund ihrer finanziellen Situation.
Die Monetarisierung aller Lebensbereiche, von der wir heutzutage alle betroffen sind, bedroht insbesondere die Kinder und ihre Grundbedürfnisse. Was wirklich glücklich macht, können wir nicht kaufen. Zumindest brauchen wir dafür keine Unsummen von Geld; bereits kleine Aufmerksamkeiten erhalten die Freundschaft, wie im vorliegenden Roman sehr anschaulich dargestellt wird.
Josef Gottschlich
Referenz von Frank Bohner (Pädagoge und Freiwirtschaftler)

Ein neuartiges Kindbuch: „Die Münze Nuria“ von Sylvia Führer
„Nuria“ ist ein besonders liebenswertes Mädchen, das gerne zur Schule geht und internationale Freundschaften schließt. Sie versteht es, nach Bedarf zu glänzen oder ihren Glanz wegzuzaubern. Im Turnen gewinnt sie oft das Wettre… – sorry – das Wettrollen! Denn Nuria ist ein Münzen-Kind.
Mit dem Märchenroman „Die Münze Nuria“ gelingt der Autorin Sylvia Führer das gewagte Experiment, eine Münze zu Leben zu erwecken. Kein Stilmittel wäre besser geeignet, um den Kindern einfühlsam darzustellen, was denn der „Beruf“ einer Münze ist. Einfache wirtschaftliche Zusammenhänge werden den Kindern klar, sobald die Heldin ihre Schulzeit beendet hat und in die Geschäftswelt hineintritt. Nuria wünscht sich sehnlichst, immer weiter in Umlauf zu bleiben, aber ihr Schicksal ist es, von einem Kind als Schmuckmünze getragen zu werden und außerdem noch in einen Computer hineinzufallen… Wirklich gut, dass Nuria in der Schule sprechen und lesen gelernt hat; denn nun ist es ihr tatsächlich möglich, Einfluss auf den Gang der Dinge zu nehmen.
Das äußerst liebevoll gestaltete Buch enthält 40 farbige Illustrationen der jungen hochbegabten Künstlerin Fabienne Rieger. Viele Kinder können heutzutage das Buch bereits mit sieben Jahren verstehen, sofern ein Erwachsener ihnen bezüglich ein paar Wörtern auf die Sprünge hilft. Aber auch die vorlesenden Erwachsenen werden viel Vergnügen an den gut gezeichneten Charakteren und dem tiefsinnigen Hintergrund des Buches haben.
Frank Bohner
Referenz von Heike Faerber (Auszubildende)

Ist Geld wichtig?
Haben Sie auch schon mal an der Kasse im Supermarkt zu wenig Geld herausbekommen? Tja, mit der Münze Nuria im Geldbeutel wäre Ihnen das nicht passiert, denn diese kleine Glänzende hat auf der Münzen-Schule rechnen gelernt und meldet sich sofort, wenn etwas nicht stimmt. Zumindest Kinder verstehen sie immer – manchmal aber sogar Erwachsene.
Dieses Buch ist ein wichtiger Beitrag, um Kindern ein angemessenes Verhältnis zum Geld zu vermitteln. Spielerisch erleben die Kinder alle drei Geldfunktionen: Als Zahlungsmittel wandern Nuria und ihre Kameraden unzählige Male von Hand zu Hand. Die Münzen warten auch mal in einem Sparschwein auf ihren Einsatz und fühlen sich dabei als Wertaufbewahrung abgestempelt. Als deutlich wird, wie kompliziert es wäre, alle Dinge direkt gegeneinander auszutauschen, erfährt der Leser außerdem, dass das Geld eine wichtige Wertmessfunktion hat.
Auf beeindruckende Weise taucht das lesende Kind in diesem Märchenroman in eigentlich alltägliche und doch phantastische Welten ein. Zum Beispiel wird die Münze in ein Sparpferd geworfen, in dem ein allgemeines Schnarchen herrscht. Sie schafft es, alle Kameraden aufzumuntern, ihre jeweiligen Geschichten zu erzählen. Dabei erlebt Nuria die zerknirschten Stimmen der Münzen, die von Menschen missbraucht wurden.
Die Erwachsenen kommen beim Lesen der Geschichte ins Grübeln: Ist Geld wichtig? Ganz bestimmt, aber auf eine vollkommen andere Art, als man normalerweise denkt. Aus Nurias Blickwinkel dient Geld der Verbindung der Menschen untereinander und nicht dazu, dass der Einzelne immer habgieriger wird. Auf moderne Weise schafft dieses Buch ein sinnvolles Wertebewusstsein, ohne dabei moralisierend zu wirken.
„Die Münze Nuria“ wurde wunderschön farbig von der jungen Künstlerin Fabienne Rieger illustriert. Das Titelbild thematisiert vor allem die Freundschaft unter Kindern, die sich durch Nurias Dasein wie von selbst entfaltet. Schade nur, dass die Verbreitung des Buches im großen Stil eher durch ein Titelbild voranzubringen wäre, das eine übermäßig stark glänzende Münze und aktionsgierige Kinder darstellen würde. Ein Buch, das schlicht daherkommt und Ehrlichkeit fördert.
„Die Münze Nuria“ ist eine lebendige Bereicherung für jede Familie. Gerade heute ist es besonders wichtig geworden, den Kindern ein reales Verhältnis zum Geld zu vermitteln, speziell im Hinblick auf unsere Gesellschaft, in der das Konsumdenken immer extremere Ausmaße annimmt.
Sylvia Führer, „Die Münze Nuria“, Hardcover, 112 Seiten mit 40 farbigen Illustrationen, Froh und Frei Verlag Holzwickede (Deutschland), 1. Auflage 2007, ISBN 978-3-939881-04-9, Preis: 14,90 Euro
Dankeskarte einer Freundin
Eine Freundin von mir schenkte ihrer Freundin „Nuria“ und erhielt folgende Dankeskarte:

Die Münze Nuria
(Permakultur Austria, Bücherverkauf)
Märchenroman für Menschen von 8 bis 108 Jahren (Artikel von Karl Schuster)
Die Autorin Sylvia Führer, bisher aus der Musikpädagogik bekannt, hat sich in ihrer neuen Publikation an ein spannendes Thema herangewagt. Bei einer Angelegenheit, die normalerweise den Wirtschaftsexperten, Bankangestellten, Rechenkünstlern und Spekulanten, also im Normalfall Erwachsenen überlassen wird, dürfen nun Kinder sich ihre eigene Meinung bilden. Auf liebevolle Art umkreist der Märchenroman die Frage nach der tatsächlichen Funktion des Geldes: Ist es vorrangig ein Tauschmittel, das durch seinen störungsfreien Umlauf alle Menschen miteinander verbindet? Oder ist es eher ein Mittel für den Einzelnen, zu immer noch mehr Geld zu gelangen, während viele Menschen zuwenig davon abbekommen?
Die kleine „Nuria“, eine 1-Euro-Münze, spürt es in ihrem Münzen-Herzen sehr genau: Sie will für alle Menschen da sein, indem sie jedem zuverlässig bringt, was er braucht. Mutig, entschlossen und klug zieht sie mit ihrem Wunsch weite Kreise, die sogar das große virtuelle Geld erreichen, welches elektronisch um den Globus saust.
Abgesehen von den großen Ideen, erfahren und durchleben vor allem Kinder auf spannende Weise Details wie etwa das Material der Münzen, ihre Entstehung und Stückelung – sogar das Experiment, welche Münzensorten vom Magneten angezogen werden können und welche nicht. Voller Herzlichkeit und Sprachwitz werden in diesem Buch spannende Abenteuer der Münzen-Heldin geschildert: Vom Sparpferd über die Straßenmusik, vom Glücksspiel bis hin zur Schmuckmünze – Der (vor-)lesende Erwachsene hingegen spürt durch viele Erfahrungsräume hindurch: Noch ist in unserer Welt nicht alles verloren! Die kleine Nuria, die selbst nur wünschen, hoffen, denken und sprechen kann, regt Menschen zu einem bewussten Umgang mit Geld an – zu einem anderen Handeln, das die Welt verändert. Derartige starke Signale braucht unsere Gesellschaft – wie einst gesetzt durch Michael Ende („Momo“) oder Erich Kästner („Konferenz der Tiere“).
„Nuria“ ist ein Buch, in dem Freundschaften geknüpft werden: Freundschaften unter Münzen, zwischen Münzen und Kindern; Freundschaft zwischen Kindern, die sich gerne zum Freund hätten, zwischen fremden Kindern, zwischen Kindern und Erwachsenen… Bei wiederholtem Lesen entdeckt man in dem Buch stets Neues: so zum Beispiel ländertypische Gemütsarten bei den verschiedenen Euro-Münzen. Einfühlsam kommt zur Sprache, wie unterschiedlich sich Menschen fühlen, während sie tauschen, sparen, gierig sind, spekulieren; sich langgehegte Wünsche erfüllen, helfen oder Freunde beschenken…
Dieses Buch ist ein wertvoller Schatz; man nimmt es immer wieder gerne zur Hand, blättert darin, liest es noch einmal, findet neue Zusammenhänge; es wird mit jedem Mal wertvoller. „Die Münze Nuria“ wurde wunderschön von der Künstlerin Fabienne Rieger illustriert: Ihre farbenfrohen Aquarelle stellen den ersten Kontakt her zu diesem Buch und dessen Botschaft.
Die Autorin Sylvia Führer wurde 1968 in Stuttgart als jüngste Enkelin von Silvio Gesell geboren und ist auf Gran Canaria aufgewachsen. Von Beruf ist sie Musiklehrerin, sie lebt bei Freiburg i. Br. und beschäftigt sich seit langer Zeit mit Umweltschutz sowie mit nachhaltigen, sozial-integrativen Wirtschaftsformen.
Sylvia Führer, „Die Münze Nuria“, Hardcover, 112 Seiten mit 40 farbigen Illustrationen, ISBN 978-3-939881-04-9, Euro 14,90
Rezension von Adolf Paster
(Zeitung der Nächstenliebe 12/07, HIFA-Pressedienst, Hilfe Für Alle, www.hifa.at)
Die Münze „Nuria“ begeistert nicht nur Kinderherzen
Sylvia Führer hat ein Märchenbuch für Kinder und junggebliebene Erwachsene geschrieben und dabei komplizierte wirtschaftliche Vorgänge in einfachen, klar verständlichen Erzählungen und Dialogen niedergelegt. Sie klagt niemand an, sondern erzählt einfach, wie die Schwächen unseres Geldes entstanden sind und was man unter den gegebenen Umständen daraus machen und wie man möglicherweise reagieren kann.
Das ganze Buch hat einfach etwas geheimnisvoll Anziehendes. Sehr schöne farbige und eindrucksvolle Zeichnungen, die den Text wunderschön ergänzen. Wer diesen schmalen, 112 Seiten starken Textband in die Hand nimmt, bekommt das Gefühl, in eine wundersame Welt einzutauchen, die er so in dieser Weise noch nie gesehen oder empfunden hat. Sylvia Führer hat die einmalige Gabe, auch komplexe Vorgänge in einer Art zu schildern, die dem Leser ein klares Bild vor Augen stellt. Und der Inhalt tut einem sozialorientiertem Herzen wohl, man fühlt sich wie zu Hause. Ich werde mich persönlich sehr freuen, wenn dieses auch äußerlich sehr schöne Buch eine möglichst große Verbreitung findet. Dem Verlag Froh & Frei kann man zu dieser Neuerscheinung nur gratulieren. Die Leserinnen und Leser werden daraus großen Nutzen ziehen, denn sie werden dadurch andere, reformorientierte Bücher, die mehr sachbezogen sind, leichter lesen und besser verstehen.
Sylvia Führer ist die Tochter des kürzlich verstorbenen Hans-Joachim Führer, dem Sohn des berühmten deutsch-argentinischen Großkaufmannes und sozioökonomischen Wirtschafts- und Finanzreformers Silvio Gesell (1862 – 1930). Sie tritt mit ihrem Buch hier ganz in die Fußstapfen ihrer Vorfahren.
Adolf Paster
Rezension von Anna Schlander
(Zeitschrift „Funkfeuer“ in Dinkelsbühl, Heft 12/07, www.funkfeuer-dinkelsbuehl.de
Die erstaunlichen Erlebnisse eines 1-Euro-Stückes
Das Buch „Die Münze Nuria“ habe ich gerne gelesen. In dem Buch handelt es sich um ein paar kleine, tapfere Münzen, die sich auf eine lange Reise um die Welt begeben. Sie erleben viele spannende Abenteuer. Die Abbildungen in dem Buch sind alle gemalt und sehr schön. Mir gefällt an der Geschichte besonders gut, dass ausgerechnet Geld, eine ganz alltägliche Sache, gar nicht das ist, was es zu sein scheint.
Es ist ein Buch, das große wie auch kleine Leute bestimmt interessieren wird.
Anna Schlander (12 Jahre)
Anmerkung der Redaktion:
Die Autorin, früher Schülerin in der Dinkelsbühler Berufsfachschule für Musik, inzwischen selbst Flötenlehrerin, ist Enkelin von Silvio Gesell. Dessen Buch „Die natürliche Wirtschaftsordnung durch Freiland und Freigeld“ hat im ersten Drittel des letzten Jahrhunderts für eine breite und langanhaltende Diskussion gesorgt. Das Thema Geld machte die Autorin nun zum Gegenstand eines recht phantasievollen Kinderbuchs. Vor allem im letzten Teil ließ sie sich von den Ideen des Großvaters inspirieren und versucht, Kindern die Ahnung von einer wünschenswerten Rolle des Geldes in der Gesellschaft zu vermitteln.
Rezension von Dr. Dieter Fauth
(Zeitschrift „Erziehungskunst“, Heft März 2008, www.erziehungskunst.de)
Vom Wesen des Geldes
Das Buch zeigt Kindern um die neun Jahre, wie ein harmonisches Miteinander im Umgang mit Geld und im Wirtschaftsleben zum Besten für alle Menschen ist. Den jungen Lesern wird vor Augen gestellt, dass Geld von Hand zu Hand umlaufen soll, um auf diese Weise den Austausch zwischen Waren und Dienstleistungen einerseits und den Bedürfnissen der Menschen andererseits ungehindert zu ermöglichen. Nicht Konkurrenz, Rivalität und Wettbewerb führen zum Wohle aller, wie uns das die traditionelle Wirtschaftskunde und die Alltagsanschauung allenthalben weismachen wollen, sondern die anthropologischen Grunderfahrungen wie etwa das Tauschen, Leihen und Schenken, aber auch Glück verbreiten oder soziales und gerechtes Handeln.
Der Autorin ist es wichtig, dass ihre kindlichen Leser dies alles nicht nur verstehen, sondern sich vor allem in die Zusammenhänge einfühlen. Daher werden Münzen, Scheine und virtuelles Geld als beseelte Persönlichkeiten vorgestellt, die den Kindern sympathisch sein sollen, so dass sie auf der Basis dieser Sympathie die dem Geldwesen innewohnende, Gemeinschaft stiftende Kraft erleben können. Trotz dieser, pädagogisch motivierten Personifikation des Geldes bleibt bei der Lektüre klar, dass die Menschen die handelnden Subjekte sind, die über das Schicksal der Münzen und Scheine, sprich: über die Verwendung des Geldes, entscheiden.
Neben dem Umlauf des Geldes als seiner höchsten Bestimmung, muss freilich auch das Sparen sein. Der Konsumverzicht, der dabei den Kindern abverlangt wird, spiegelt sich in den negativen Gefühlen von Langeweile und Enge, die die Münzen in der Spardose erleiden. Es ist klar: das darf nur ein Zustand auf Zeit sein, dann soll das Geld wieder hinaus in die Welt dürfen. Sparen ist auf Dauer problematisch, richtiggehend verwerflich wird den Kindern aber vor allem das schier maßlose Anhäufen des Geldes gemacht, was offenbar vor allem mit virtuellem Geld möglich ist. Denn dieses angehäufte Geld, so wird angedeutet, fehlt anderen Menschen und verursacht Armut, Hunger und Elend. Nicht mehr aufgezeigt wird den Kindern allerdings, dass diese Anhäufung nicht allein durch Sparen, sondern nur durch teures Leihen von Geld mit Zins und Zinseszins möglich ist.
Warum eigentlich wird dies nicht vertieft? Was das Kind willentlich für erstrebenswert erachten soll, sollte in seiner Komplexität nicht hinter dem zurück bleiben, was ihm von der Sache her rational verstehbar sein kann. Zur Erzählkunst gehört wesentlich auch, rational hochkomplexe Sachverhalte, wie sie im sozialökonomischen Bereich nun einmal vorliegen, in ihrer Dichte und Vielfalt narrativ zu entfalten, so dass sich die Kinder voluntativ komplex entwickeln und auch vielschichtige Strukturen schaffen bzw. verändern.
So wünscht sich der Rezensent bei einem Folgeband, den die Autorin andeutet, dass die junge Leserschaft auch für komplexe sozialökonomische Vorgänge rund ums Geld angewärmt werden. Das Beispiel Regio-Geld, wo Geld ohne teure Leihkosten (Zinslasten) beim besten Nutzer und nicht beim mächtigsten Spekulanten landet und Gutes bewirkt, sei genannt. Vorstellbar wären auch Erzählungen darüber, wie Familien in lateinamerikanischen oder afrikanischen Ländern aufgrund von Kapital- und Bodenakkumulation ei Großgrundbesitzern ausgebeutet werden oder hungern und wie kleine Genossenschaften mit umlaufgesichertem Geld und Bodenvergabe in Erbpacht blühende Oasen schaffen können.
Das vorliegende Buch bietet einen guten Einstieg für Kinder, Geldverhältnisse nicht als gegeben hinzunehmen, sondern die Sache mit dem Geld menschlich gestalten zu wollen.
Dieter Fauth
Erschienen in Zeitschrift „Erziehungskunst“ in Stuttgart, Heft 3 / 2008
Rezension von Thomas Brändle 1
(Syntropia, http://www.syntropia.de)
Die Münze Nuria, 2. Dezember 2008
Aus urheberrechtlichen Gründen wird diese Rezension hier nicht direkt wiedergegeben. Bitte benützen Sie den folgenden Link und lesen Sie die Rezension bei Syntropia (Kategorie: Varia – Belletristik – Romane/Erzählungen – Kinderbücher – Die Münze Nuria – Bewertungen – von Thomas Brändle):
Rezension von Thomas Brändle 2
(Zeitschrift Connection Spirit, Heft April 2009)
Nicht nur für Kinder
Gerade in Zeiten der Finanzkrise wird die Frage immer dringlicher, wie denn unser Wirtschaftssystem gesunden könnte. Sylvia Führer, Jahrgang 1968, von Beruf Lehrerin, hat in diesem Zusammenhang einen spannenden, generationenübergreifenden Ansatz kreiert. Zielgruppe ihres Buches „Die Münze Nuria“ sind junge Menschen von 8 bis 108 Jahren.
In dem Fantasieroman wird erlebbar, wie Menschen sich fühlen, wenn sie gierig sind, spekulieren, wenn sie ehrlich ihr Geld verdienen, sich gegenseitig beschenken, auf verschiedene Weise spielen, sparen, sich Wünsche erfüllen oder versuchen, zu zaubern… Um die Rolle des Geldes als Tauschmittel deutlich hervorzuheben, verwendet die Autorin ein interessantes Stilmittel: Den Münzen und Scheinen wird ein Wille und ein „Beruf“ attribuiert – als kleine Persönlichkeiten rollen sie durch die Seiten. Ihren Daseinsinn, ihren „glänzenden“ Selbstwert ziehen sie aus der Fähigkeit, die Menschen miteinander zu verbinden, indem sie ihnen das Tauschen der erbrachten Leistungen ermöglichen. Sogar eine Münzen-Schule hat die kleine Nuria als frischgeprägte Münze besucht, in der ihr Lehrer Goldmund mit viel Humor und Leichtigkeit den Münzen zeigte, wie vorteilhaft es für sie ist, wenn sie elegant rollen und richtig rechnen können.
Draußen in der Welt macht Nuria Bekanntschaft mit der sparsamen Isabel, einem Mann, der sein Geld bei Pferdewetten verspielt, dem verliebten Matthias und schließlich mit ihren digitalen Verwandten, die als Geld um den ganzen Globus geschickt werden. Im Inneren eines Computers erfährt Nuria, dass das elektronische Geld keine warmen Menschenhände zu spüren bekommt und dass das „große Geld“ sich durch einen rätselhaften „Sog“ ständig zu bereits sehr angefüllten Konten hingezogen fühlt. Zeit also, dass Nuria gemeinsam mit ihren Kameraden über Spielregeln nachdenkt, die dazu dienen, dass alle Menschen weiterspielen können im großen Tauschspiel, was letztlich auch den Wohlhabenden nachhaltiges Glück bringt. Ob Nuria es im Laufe der Erzählung schafft, mit den Menschen darüber zu sprechen?
In schönen sprachlichen Bildern, ohne pädagogisierend zu wirken, hilft dieses Buch dem Leser, die eigentliche Rolle des Geldes zu erahnen. Damit dient dieses Werk dem kindlichen Leser auch als Vorbeugung gegen Jugendverschuldung – jede kleine „Nuria“ wird in ihrem Wert erlebbar gemacht.
Wenn in den Köpfen und Herzen der Menschen Geld nicht länger etwas ist, das nur dazu dient, stets mehr davon zu bekommen, sondern eine Verbindung von Mensch zu Mensch, so sind ideale Voraussetzungen dafür geschaffen, auch in der äußeren Realität Veränderungen entstehen zu lassen. Bei den Kindern fängt alles an; und Neuerungen in der Gesellschaft haben oft ihren Ursprung in einer guten Kinderstube mit Spiel, Sinn und Werten, zu der dieses Buch durchaus ein Beitrag ist. Nicht zuletzt auch wegen der farbenfrohen und vielseitigen Illustrationen, mit denen die Grafikerin Fabienne Rieger das Buch auf prächtige Weise bereichert hat. Tatsächlich ist „Die Münze Nuria“ ein Buch, das die Generationen miteinander zu verbinden vermag.
Thomas Brändle
Besprechung von Tilmann Lhündrup Borghardt
(Homepage von Tilmann Lhündrup Borghardt)
New Book in German: „Die Münze Nuria“, 10. März 2008
In diesem Buch wird die Welt der Wirtschaft aus einem völlig neuen Gesichtspunkt heraus betrachtet: Eine lebendige Münze erlebt spannende Abenteuer mit den Menschen. In ihrem Münzen-Herzen wünscht sich Nuria nichts sehnlicher, als für alle Menschen dasein zu können – denn das ist ihr Beruf, den sie auf der Münzen-Schule gelernt hat. Wenn sie mit ihrer leisen, glockenhellen Stimme von sich erzählt, ist es Menschenkindern sogar möglich, sie zu verstehen. Ob ihre kleinen Freunde ihr wohl helfen können, ihr Anliegen zu verwirklichen?
In vielen bunten Szenen wird in diesem Buch die Phantasie von jungen und junggebliebenen Lesern angeregt. Denn die kleine Nuria ist witzig, wendig und wachsam. In einem Traum erscheint ihr ein kleines afrikanisches Mädchen, das hungrig um ein Brot bittet. Wenn sie doch nur zu ihm kommen könnte!
Nuria findet im Laufe der Erzählung tatsächlich einen Weg, um zu helfen. In diesem Buch erleben Kinder eine erste Begegnung damit, was Wirtschaften idealerweise bedeutet: Eine Verbindung unter den Menschen, die durch Geben und Nehmen gekennzeichnet ist und nicht durch das Streben des Einzelnen nach immer mehr Besitz. Diese Gedanken fördern das Schaffen einer weltweiten Grundlage dafür, dass ein jedes Menschenleben nicht durch zu großes Leid und materielle Not von der Möglichkeit abgeschnitten wird, einen inneren Weg zu gehen. Fließendes Geld unterstützt die Umsetzung der erleuchteten Geisteshaltung in Verbundenheit mit und zum Wohle von allen anderen.
Nuria rollt fröhlich von Mensch zu Mensch und hat so manch ein Kunststück auf Lager, sodass ihre eigentliche Botschaft spielerisch und unauffällig an die Kinder herangetragen wird. Vierzig prächtige Illustrationen von Fabienne Rieger verleihen dem Buch Farbe und Leichtigkeit.
Sylvia Führer, Die Münze Nuria, Froh und Frei Verlag, Holzwickede, Lesealter ab 8 Jahren,
ISBN 978-3-939881-04-9, Hardcover, 112 Seiten, 14.90 Euro,
Das Buch kann bei der Autorin (www.sylvia-fabiola.de), über jede Buchhandlung und beim Verlag (www.frohundfrei-verlag.de) bestellt werden.
Sönam Lhündrup
Rezension von Wolfgang-M. Auer
(Wochenschrift „Das Goetheanum“, Heft 26. Juni 2009)
Sylvia Führer, Die Münze Nuria. Mit farbigen Illustrationen von Fabienne Rieger, 112 S. Froh&Frei Verlag Holzwickede, 2007
Die Finanzkrise hat inzwischen alle Gemüter ergriffen. Überall auf der Welt, nicht nur in den Medien, ist die Krise das vorherrschende Thema. Auch in den Alltagsgesprächen ist es eines der häufigsten Themen. Und auch bei den Kindern ist es längst angekommen, denn sie erleben natürlich die Sorgen der Erwachsenen. Und die sind durch den Finanzgipfel der G-20-Staaten nicht beseitigt. Werden die beschlossenen Maßnahmen zur Regulierung und Überwachung denn wirklich etwas ändern? Müssten wir nicht vielmehr etwas unternehmen, damit die Menschen anders über Geld denken? Bei den Kindern müssten wir beginnen und in der Schule den richtigen Umgang mit Geld zu einem wichtigen Thema machen!
Nun ist mit dem hier zu besprechenden Buch ein phantasievoller Anfang in dieser Richtung gemacht. Die Musikpädagogin Sylvia Führer, die sich in der Verbreitung von Regiogeld, Naturschutz und nachhaltigem, sozial-integrativem Wirtschaften engagiert und damit den Ideen ihres Großvaters Silvio Gesell folgt, hat mit ihrem Märchenroman Die Münze Nuria ein wunderbares Beispiel vorgelegt, wie man Kindern im ersten Schulalter das Wesen des Geldes nahebringen kann. Wer das Buch zur Hand nimmt und zu lesen beginnt, der findet sich schnell in den Bann der Erzählung gezogen und wird es erst mit der letzten Seite aus der Hand legen. Die Geschichte, die erzählt wird, ist phantasievoll und zugleich lebensgemäß real. Der Duktus der Erzählung ist fröhlich und anregend. Und Kinder lernen auf jeder Seite etwas, ganz nebenbei – und nicht nur über Münzen. Zu Beginn erfahren wir etwas von Goldmunds geheimnisvoller Münzenschule, in der die Münzen all das Lernen, was sie für ihr Leben unter den Menschen brauchen. Diese Schilderung steckt voller Spielanregungen für die Kinder. Dabei wird zugleich dem kindlichen Leser oder Zuhörer das Wesen des Geldes erklärt. Später begleiten wir die Münze zu den Menschen und erfahren dort unzählige lebensnahe Situationen, in denen das Geld unterschiedliche Rollen spielt. Dabei klingt deutlich das Anliegen durch, uns und vor allem den Kindern die Augen zu öffnen dafür, dass das Geld zirkulieren muss. Das geschieht ohne dogmatischen Zeigefinger. Auch die ungleiche Verteilung des Geldes wird angesprochen und als eine Erkrankung erklärt, die dazu führt, das das Geld suchtartig dorthin fließt, wo schon welches ist.
Kinder, die dieses Buch kennen lernen, werden ein gesundes Bild vom Geld ins Leben mitnehmen, und auch uns Erwachsenen wird beim Lesen manche Gewohnheit im Umgang mit Geld korrigiert. Man wünscht sich das Buch in vielen Familien. Es eignet sich gut zum Vorlesen (ab 8 Jahren) und wird den Vorlesenden wie den jungen Zuhörern viel Freude bereiten und manches Aha-Erlebnis bescheren.
Wolfgang-M.Auer
Rezensionen auf Amazon
(Die Rezensionen auf Amazon können hier gelesen werden)
„Wenn Geld eine Stimme hätte“
Diese PowerPoint-Präsentation meiner Freunde aus Österreich ist etwas fürs Herz, richtet sich an Erwachsene, vor allem an Eltern. Ihre Botschaft ist eine Aussage über die Kernidee des Märchenromans „Die Münze Nuria“. Sie können die Präsentation hier herunterladen (2,7MB).
Es kann (abhängig vom eigenen Wiedergabeprogramm) vorkommen, dass ein Hinweis erscheint: „Kennwort für Schreibzugriff eingeben oder schreibgeschützt öffnen“. In diesem Fall bitte einfach auf „Schreibgeschützt“ klicken, um die Präsentation zu betrachten.
Wer eine geringere Datenmenge herunterladen möchte, kann eine kompakte Version (mit etwas unschärferen Bildern) hier herunterladen (1,2MB).
Entstehung
Das folgende Interview ist der Zeitschrift „FAIRCONOMY 4/2007“ entnommen, welche von der INWO (Initiative für natürliche Wirtschaftsordnung) herausgegeben wird.
Gemeinsamkeiten erfahren statt Ellenbogen einsetzen
Mit dem Märchenroman „Die Münze Nuria“ hat Sylvia Führer, die jüngste Enkelin Silvio Gesells, erstmals für Kinder spielerisch erfahrbar gemacht, wie das Geld die Menschen verbindet. Die Redaktion der INWO-Zeitschrift FAIRCONOMY hat die Autorin zu der Entstehung des Buches und den Reaktionen darauf befragt.
FAIRCONOMY: Wie sind Sie auf die Idee für Ihren Märchenroman gekommen? Gab es ein Schlüsselerlebnis?
Schon als Kind interessierte ich mich für die Idee der FAIRCONOMY, wie wir sie heute nennen. Mein Großvater Silvio Gesell war zwar 38 Jahre vor meiner Geburt verstorben; ich empfand ihn aber immer als einen hellen Stern und ich stellte schon als junges Mädchen viele Fragen zu seinen Ideen. Das lag vor allem an meinem Vater, Hans-Joachim Führer. Er wollte die Verwirklichung der Reformideen seines Vaters Silvio Gesell voranbringen. Dazu hat er auch getestet, ob die Idee der Freiwirschaft oder FAIRCONOMY wirklich leicht verständlich ist. Er erklärte mir, als ich gerade sechs Jahre alt war, das Zinsproblem und fragte mich, wie man es lösen könne. Mir rauchte ziemlich der Kopf, aber ich kam nach einiger Zeit auf so etwas wie eine Geldhaltegebühr. Aber mir fehlten die Worte, um meinem Vater von diesem Gedanken zu erzählen. Erst mit zwölf Jahren konnte ich deutlich beschreiben, was ich damals gemeint hatte.
Als Jugendliche begeisterte ich mich dann immer mehr für den interessanten Großvater und habe Referate über die Geld- und Bodenreform in meiner Schule auf Gran Canaria gehalten. Von all meinen Geschwistern war ich diejenige, die sich am meisten für das Thema begeisterte, und mein Vater war mir da eine sehr ergiebige Informationsquelle, wie auch meine Verwandten in Deutschland und Argentinien.
Ziemlich unabhängig von den Gesellschen Ideen bin ich später Musiklehrerin geworden, vor allem um durch Gemeinschaftserfahrungen die Kinder für ihre Zukunft zu stärken. Im Unterricht habe ich dann eines Tages mit meinen Schülern Hefte erarbeitet, die von einer „lebendigen“ Note namens „Nora“ handelten, die sich danach sehnte, ihre eigentliche Aufgabe zu verwirklichen: klingend zu werden.
Durch die Begeisterung der Kinder für diese Hefte habe ich erkannt, dass im Stilmittel Personifikation ein Schlüssel liegt, um Kindern den Zugang auch zur Funktion des Geldes zu eröffnen. Damit war die Idee zum Märchenroman „Nuria“ geboren. Als ich den Namen wählte, ahnte ich noch nicht, dass „Nuria“ so genau auf meine Heldin gemünzt ist, als wäre dieser Name für sie erfunden worden! Auf einer spanischen Internetseite habe ich dann nämlich die genaue Bedeutung von „Nuria“ entdeckt – sie ist nachzulesen auf der letzten Seite des Buches.
FAIRCONOMY: Wie hat sich denn aus der groben Idee die fertige Geschichte entwickelt?
Ich hatte beim Schreiben immer wieder Kontakt mit meiner Zielgruppe. Von Anfang an habe ich in Schulklassen vorgelesen. Die Kinder dort haben von sich aus begonnen, den Münzen weitere Lebensmerkmale hinzuzudichten. Von ihnen kamen die Ideen, dass die Münzen als „Kinder“ in der Münzen-Schule nachts in einem Sammlerbuch schlafen und dass ihr Lehrer Goldmund aus antiken Münzen gebastelt worden ist, und auch dass die Münzen beim Rollen lenken können. Damit wurde meine Hauptfigur immer lebendiger und dies hilft den Kindern dabei, sich auf altersgemäße Weise vorzustellen, dass das Geld eine wichtige Funktion hat. Man kann diese Aufgabe sogar mit einem „Beruf“ vergleichen, dem die Münze nachgeht, und es so den Kindern verständlich machen.
FAIRCONOMY: An einer Stelle lassen Sie die Münze Nuria sagen: „Wenn ich nicht umlaufen kann, werde ich mit der Zeit müde und traurig.“ Das klingt tatsächlich sehr lebendig, ja fast schon menschlich. Macht es denn aus Ihrer Sicht Sinn, die Idee der FAIRCONOMY auch den Erwachsenen auf eine solche Art und Weise näher zu bringen?
Auf jeden Fall. Solange wir Geld nur als Mittel ansehen, um selber noch mehr Geld zu bekommen, bleibt jeder von uns in seiner egozentrischen Perspektive gefangen. Das tatsächlich Lebendige des Geldes kommt dann nicht zum Tragen. Stellen wir aber fest, dass umlaufendes oder fließendes Geld die Menschen miteinander verbindet, wird es wahrgenommen als ein Transportmittel in einem lebendigen Kreislauf. Kindern wird die Funktion des Umlaufens am besten durch die Metapher „Beruf“ nahe gebracht. Solch ein Vergleich ist auch für Erwachsene erfrischend.
Bei der Verwendung dieser Metapher ist jedoch viel Vorsicht und Differenzierungsvermögen geboten, denn der „Beruf“ des Geldes beinhaltet ja nur eine ausführende Funktion. Daher ist in meinem Buch alles, was die Münzen eigenständig tun, entweder Spielerei oder auch Anregung zur Reflexion: Die Münzen glänzen zum Beispiel hell, wenn sie besonders auffallen wollen. Sie führen beim Rollen Kunststücke für Kinder vor. Sie kommentieren untereinander und gegenüber Kindern alles, was mit ihnen angestellt wird, und sie geben Ratschläge. Aber sie können nicht selbstständig etwas kaufen und auch nicht eigenmächtig in den Geldbeutel eines Menschen rollen.
FAIRCONOMY: Aber ein wenig Einfluss auf die Menschen hat Nuria in Ihrem Buch ja schon.
Ja, ihr gelingt es letztlich, einen Erwachsenen aus seiner Unfähigkeit herauszureißen, die Stimme des lebendigen Geldes zu vernehmen. Das ist für so eine winzige Person schon eine Heldentat. Damit ist die Einsicht gemeint, Geld als ein Mittel zur Entwicklung sozialer Zusammenhänge zu begreifen.
FAIRCONOMY: Sie haben von der Idee für die Geschichte und vom Schreiben mit Hilfe der Ideen von Kindern berichtet. Wie lange haben Sie denn insgesamt an der „Münze Nuria“ gearbeitet?
Ich habe ein Jahr gebraucht, um die Geschichte zu schreiben. Ein weiteres Jahr war erforderlich, um mit Verlegern zu verhandeln und für die Produktion, also um die Illustrationen und das Layout anzuleiten.
FAIRCONOMY: Nun sind ja schon einige Monate vergangen, seit „Nuria“ erschienen ist. Wie wurde Ihr Buch denn angenommen? Wie hat es sich bisher verkauft?
Die meisten Eltern, denen ich das Buch zeige, fangen gleich an, darin zu lesen, finden es spannend, und sie entscheiden sich für einen Kauf. Das Buch hat außerdem ja nicht nur Kinder als Zielgruppe, sondern eine viel größere. Sie umfasst auch Erwachsene, die spüren, dass Leben mehr sein kann, als sich der wachsenden Geldgier unserer Gesellschaft anzupassen.
Ein guter Weg für die Verbreitung von nun schon 900 Exemplaren waren bisher Lesungen, private Feste sowie Empfehlungen durch Freunde und Gleichgesinnte. Außer bei mir in der Umgebung konnte ich noch keine Buchhändler dafür gewinnen, „Nuria“ in ihr festes Sortiment aufzunehmen. In den meisten Buchhandlungen gibt es in der Regel vor allem Angebote aus dem Mainstream der heutigen Kinderliteratur, der den Kindern zurzeit entweder eine trostlose oder eine magisch-überhöhte Welt präsentiert. Echte Nahrung für ihre Zukunft wird den Kindern nur in traditioneller Form durch bewährte Themen wie Freundschaft oder Anregungen zur Fantasie angeboten. Diese spielen in meinem Buch auch eine Rolle – aber eben nicht die einzige.
FAIRCONOMY: Welche Rückmeldungen gab es denn zu Ihrem Buch?
Ich habe viele E-Mails von Eltern bekommen, mit sehr unterschiedlichen, aber fast ausschließlich positiven Reaktionen – beispielsweise Folgendes: „Mein Sohn sieht sich in dem Buch bestätigt. Auch ich bekam beim Lesen das Gefühl, dass die Welt der Kinder und des gesunden Menschenverstandes sich durchsetzen wird gegenüber den kalten Formen der aktuellen Wirtschaft.“; „Dieses Buch ist ein starkes Signal, dass noch nicht alles verloren ist; es zeigt auf liebevolle Art, wie durch Erlernen und Erleben sich die Welt verändern lässt.“; „Bei uns haben alle ‚Nuria‘ gelesen: von der Oma bis zum Kleinsten.“; „Es ist so toll, sich das konkret vorzustellen: Das Geld ‚will‘ kein Machtinstrument mehr sein, sondern Verbindung unter den Menschen!“
FAIRCONOMY: Fragen denn die Eltern auch nach konkreten Lösungsansätzen im Sinne Nurias?
Einige sehen Nurias Vision zunächst als Utopie an oder meinen, dass das einfach nur mein ganz persönlicher Traum ist. Ich habe den Eindruck, viele gehen davon aus, dass unsere Wirtschafts- und Arbeitswelt zwangsläufig so bleiben muss, wie sie ist – oder es in Zukunft sogar noch mehr Konkurrenzkampf geben wird und ihre Kinder somit wohl oder übel lernen müssen, ihre Ellenbogen einzusetzen. Ganz anders sieht es aus, sobald sie erfahren, dass es mit der Idee der FAIRCONOMY eine Alternative mit Aussicht auf Erfolg gibt. Dann sind viele Eltern richtig motiviert, sich auf Erwachsenenniveau mit der Thematik zu beschäftigen und dankbar für Hinweise auf Organisationen wie die INWO.
FAIRCONOMY: Gab es auch Reaktionen von Schriftsteller-Kollegen?
Ja, sehr erfreuliche. Von Thomas Brändle beispielsweise, der als Schriftsteller und Parlamentarier in der Schweiz arbeitet: „Herzliche Gratulation! Sie haben eine sehr wertvolle Arbeit geleistet. Als sich mit dem Kreditgeldsystem beschäftigender Politiker bin ich mittlerweile der Überzeugung, dass wir das Bewusstsein der Kinder und Jugendlichen erreichen müssen und sie zu kritischen Fragen ermutigen, um die monetäre Massenhypnose zu beenden.“
Anmerkung: Die in diesem Artikel erwähnten Musikhefte über eine lebendige Note heißen „Nora & Poco“ von Jörg Hilbert und Manfredo Zimmermann und wurden in der ConBrio Verlagsgesellschaft herausgebracht. Seinerzeit habe ich diese Heft in der „Neuen Musikzeitung rezensiert (hier als PDF zum Download).
Artikel über „Die Münze Nuria“
Die Münze Nuria – Ein neuer Märchenroman:
Kinder entdecken die Humanwirtschaft – Von Sylvia Führer
(Zeitschrift Humanwirtschaft 05/2006, heute, Stand 2026: Zeitschrift Humane Wirtschaft )
Der Märchenroman „Die Münze Nuria“ eröffnet Kindern in spannender und altersgerechter Weise einen Bezug zu Grundaspekten des Geldes aus humanwirtschaftlicher Sicht. Spielerisch dürfen sich die Kinder mit einer personifizierten Münze anfreunden, die sich charakterlich erheblich von dem unterscheidet, was Menschen heute oft aus dem Geld machen. Auf diese Weise werden die Kinder mittels ihrer Fantasie und Kreativität für ihre Zukunftsgestaltung gestärkt. Das hier vorgestellte druckreife Buchprojekt füllt eine Lücke im Angebot zeitgemäßer und pädagogisch wertvoller Werke.
Die grauen Herren belagern unsere
Stadt; in unsere Lungen dringt ungebeten der Qualm ihrer Zigarren, aus Menschenzeit gedreht. Meister Hora hält die Zeit der Welt an; währenddessen befreit das Mädchen Momo mit einer Stundenblume in der Hand die gestohlene Zeit der Menschen. Das sind einige Bilder aus „Momo“ (1973) von Michael Ende, mit dem die literarische Kategorie Märchenroman eine Blüte erreicht hat. In Endes Märchenroman verknüpfen sich fantastische mit realistischen Elementen; Gesellschaftskritik wird in dichterische Symbole übertragen. Wie im traditionellen Märchen siegt das Gute. Damit wird den Kindern im humanistischen Sinne der Gedanke geschenkt, dass ihre positive Zukunftsgestaltung gelingen kann.
Michael Endes „Zeitdiebe“ sind gespenstischer Natur – ein Hinweis darauf, dass wir es hier mehr mit strukturellen Problemen als mit konkreten „Feinden“ aus Fleisch und Blut zu tun haben. Sehen wir hinter das Phänomen „Zeitdiebe“! In unserer Wirtschaft ist es der Zins- und Zinseszinsmechanismus, der einen ständigen Wachstumszwang induziert und somit die arbeitende Bevölkerung zu Leistungssteigerung und blindem Konsumverhalten antreibt. Ruhelosigkeit – selbst in der Freizeit – ist vorprogrammiert. Wie gelingt in der Realität die Überwindung der metaphorischen „Zeitdiebe“? Ein wesentlicher Ansatz ist: Die Welt hat die Aufgabe, das Geld zu regieren, anstatt sich von seinen (heute noch) verhängnisvollen Eigenschaften regieren zu lassen. Einen Märchenroman zum Thema Geld und die Notwendigkeit seines Umlaufs wünschen sich daher heute viele pädagogisch engagierte Humanwirtschaftler.

Pädagogische Verantwortung
Maria Montessori schreibt: „Auf das Kind einwirken heißt, den zartesten und vitalsten Punkt anrühren, an dem sich alles entscheiden und erneuern kann, wo alles von Leben strotzt, wo die Geheimnisse der Seele beschlossen liegen, weil dort sich der Aufbau des Menschen vollzieht.“ („Kinder sind anders“, Stuttgart 1952, S. 11) Erst ab Eintritt der Pubertät erweist es sich als angemessen, den Jugendlichen objektiv und behutsam von den Missständen in unserer Welt zu berichten, um sie darauf vorzubreiten, das Steuer unserer Gesellschaft selbst in die Hand zu nehmen (siehe beispielsweise Anselm Rapp: „Brief an einen Enkel“ in „Humanwirtschaft“ Mai/Juni 2004).
Der Märchenroman setzt tiefer an den Wurzeln der Erkenntnisfähigkeit an: Er ist die geeignete literarische Form, um jüngere Kinder anzusprechen. Ich habe mich für die Altersgruppe ab acht Jahren entschieden und dementsprechend einen Märchenroman in moderater Länge verfasst.
Wichtig war mir beim Schreiben, den Fehler zu vermeiden, die Kinder – in ihrer zarten Gestalt als gegenwärtig Achtjährige – diejenige Welt „retten“ zu lassen, die wir als Erwachsene durch Missbrauch des Mammons maßlos belastet haben. Solch eine Vorgehensweise würde die Kinder schlichtweg überfordern und in Bedrängnis bringen. Mein Ziel war es, die Sehnsucht nach einer gerechten Wirtschaft bei den Kindern zu wecken, ohne ihnen – jetzt – die Verantwortung für die notwendigen Veränderungen aufzubürden.
Der humanwirtschaftliche Märchenroman
In diesem Sinne war mir schnell klar:
Hauptperson dieser Erzählung würde kein Kind sein, sondern eine personifizierte Münze, die ich „Nuria“ nenne (erste Silbe betont gesprochen). Gegen Ende der Erzählung besitzt die Heldin Einblicke in die Wirtschaft weit über das Wissen hinaus, das sie bei ihrem Lehrer Goldmund in ihrer Münzen-Schule erwerben konnte, und sie erträumt sich gemeinsam mit anderen Münzen ansatzweise die Lösung der kritischen Punkte. Anliegen des Buches ist es jedoch nicht, den Kindern Begriffe im Sinne der Humanwirtschaft zu vermitteln (wie etwa: „Zins“, „Geldhaltegebühr zur Umlaufsicherung“), sondern vielmehr ihnen die dahinter liegenden Wesensqualitäten erlebbar zu machen. Die junge Münze Nuria geht also zur Schule und wird dort von einem lustigen Lehrer unterrichtet. Soll dieser eine kleine Figur sein, zur Ritterzeit von einer Prinzessin aus zwei antiken Münzen und Drahtspiralen gestaltet? Ja: Die Augen der Kinder, die meiner Lesung lauschen, glänzen hierbei jedes Mal. In ihrer Münzen-Schule lernen die Münzen-Kinder Reden, Rollen, Rechnen sowie andere Künste hochintelligenter Münzen.
Es folgt der Anfang der Geschichte. Die Münzen-Schule liegt auf einem Berg, und dennoch hat kaum ein Mensch Zugang zu ihr. Diese neuartige Bildungsstätte erscheint den jungen Lesern als umwoben von Geheimnissen, die sie enträtseln wollen:
Manuskriptauszüge aus: „Die Münze Nuria“: Auszug aus Kapitel 1: „Die Münzen-Schule“

Am Rande der Stadt Numismatika, im Wald, dort, wo die Hügel allmählich höher werden, fließt in vielen Kurven der Silberbach. An seinem Ufer verläuft eine holprige Straße. Fährst du auf ihr, so siehst du bald, dass sie sich wie um ein riesengroßes Schneckenhaus den Berg hinauf windet. Ganz oben steht, umgeben von Kiefern, ein sandfarbener runder Turm. Schon von Weitem leuchtet seine Kuppel. Wenn du näher kommst, siehst du, dass diese Kuppel mit hunderten kleiner Kügelchen, Verzierungen und ineinander verschachtelter Zahlen bedeckt ist. Eine Tür mit aufgesetzten Metallringen führt in den Turm hinein.
Nur wenige Menschen durften jemals den Turm betreten und seine knarrende Wendeltreppe empor steigen. Denn ganz oben befindet sich eine geheimnisvolle Tür, die allen Abenteurern ein Rätsel geblieben ist. In bunten Buchstaben steht darauf: „Goldmunds Münzen-Schule“.
Man erzählt sich, hinter der Tür sei ein aufregender, sonnendurchfluteter Raum mit vielen interessanten Kästchen, Tischen, Computern, winzigen Aufzügen … Manche glauben, es gäbe darin auch Kassen und Rollbahnen. Bergfahrradfahrer haben in der Nähe des Turmes gesehen, dass Vögel durch die offenen Fenster in den Raum flogen, nach einer Weile wieder herauskamen und dabei ganz neue Triller zwitscherten. Man munkelt sogar, es sei einer der Räume, in denen aus der Vergangenheit die Zukunft geboren würde. Aber was das alles nun bedeutet, weiß niemand. Genauer: es wusste bisher niemand. Dies änderte sich, als ich vor ein paar Tagen die Münze Nuria kennen gelernt habe und sie mir von sich und der Münzen-Schule erzählte.
Seitdem weiß ich, dass Jahr für Jahr viele Euro-Münzen-Kinder in dieser geheimnisvollen Schule spielen, lernen und nachts in einem dicken Münzen-Sammler-Buch schlafen. Für die Münzen ist dieses geräumige Zimmer mit seinen hellblauen Wänden eine Welt für sich, in der es tausend spannende Dinge zu entdecken gibt. Sie dürfen Tag und Nacht dort sein. Bei Tageslicht üben sie am allerliebsten, so lange wie möglich auf einem großen, runden Tisch auf ihrem Rand zu rollen, ohne dabei umzukippen. Schwungvoll werden sie dafür von ihrem Lehrer angestoßen.
„Rollt der Rubel“, so kommt
die Wirtschaft in Gang. Ganz auf der sinnlichen Ebene erfahren oben die lesenden Kinder – anhand der Metapher des Rollens auf dem Tisch – wie die Münzen in Bewegung bleiben möchten.
Später wird in der Münzen-Schule auch die prinzipielle Notwendigkeit von Geld für den Wirtschaftskreislauf geklärt. Ein neuartiges Spielzeug dient mir dazu als Beispiel: Sein Erfinder und Produzent versucht es als universelles Tauschmittel für die Erfüllung all seiner Bedürfnisse zu benutzen, aber viele Leute haben keine Verwendung dafür – zumindest nicht in größerer Anzahl.
Folglich brauchen wir Geld – aber ein besonderes. Die Münzen erhalten von ihrem Lehrer Hinweise darauf, dass sie in ihren Verstandes- und Herzenskräften gefordert sein werden, da sie sich in eine schwierige Welt begeben. Nach einem fantastisch schönen Schulabschluss starten die Münzen ihr Berufsleben. Von der Bank aus geht’s in ein Geschäft, und schon recht bald erlebt unsere Heldin Nuria für kurze Zeit die Leiden einer Münze, die dem Wirtschaftskreislauf entzogen wird: Sie wird in einem Sparschwein gehortet, in dem keine Münze sich mehr mit der anderen unterhalten möchte, weil sich während einer endlosen Wartezeit tiefe Langeweile breit gemacht hat.
Nuria kommt jedoch dank ihres Einfallsreichtums recht bald wieder in Umlauf, verhilft vielen Menschen zur Erfüllung ihrer Wünsche, erfährt vom Schicksal anderer Münzen sowie von der Armut bei Menschen, und sie lernt die Tücken des Glücksspiels kennen. Verloren und von einem kleinen Jungen gefunden, wird sie als Schmuckstück für dessen beste Freundin eingefasst. In der Schatulle hat Nuria einen aufschlussreichen Traum:
Auszug aus Kapitel 10: „Nuria wird zu etwas ganz Besonderem“
In ihrem Traum lag Nuria versteckt zwischen duftenden Broten im obersten Regal einer Bäckerei. Ein kleines schwarzes Mädchen, leicht bekleidet und mit hungrigem Gesicht, kam herein und schaute hinauf zu den Broten. Sie bat: „Ich brauche ein Brot für meine Mutter, die ein Geschwisterchen erwartet, und für meinen Bruder!“ „Wo hast du das Geld?“, fragte die Bäckersfrau an der Theke. „Ich habe kein Geld“, sagte das Mädchen. In diesem Moment dröhnte aus einem vorbeifahrenden Luxusauto furchtbar laute Musik mit den abgrundtief gesungenen Worten: „Geld – Geld, ich will immer mehr Geld“. Das Mädchen rief der Bäckersfrau ganz laut zu, um die Musik zu übertönen: „Ich habe kein Geld!!“ Nuria schrie auf: „WARTE!! ICH KOMME ZU DIR! ICH WILL BEI DIR SEIN! ICH WILL DEIN GELD SEIN!!“
Das Mädchen, welches just während Nurias Traum die eingefasste Münze als Geschenk überreicht bekommt, hört Nurias Rufen, bezieht es auf sich und behandelt die Münze wie eine gute Freundin. Ob Nuria wohl glücklich dabei ist? Die Kinder in meinen Lesungen erkennen stets: Obwohl Nuria ihre menschliche Freundin sehr mag, ist sie traurig darüber, dass sie wieder am Umlaufen gehindert wird. Nun begegnen wir dem Herzstück des Buches. Durch eine Verwicklung von Umständen fällt Nuria aus der Fassung und in einen Computer hinein. Sie gerät hinter die Netzwerkverbindung und bekommt von dort aus Einblick in die große Welt des Internets und der Datenströme. Neben harmlosen E-Mails schwirren auch große Summen Geld um den Globus.
Das Buchgeld wird in meiner Erzählung in Form von „virtuellen Geldscheinen“ personifiziert: Diese Gestalten, aus Licht gewoben und mit blinkenden Sternchen versehen, sind in Nominalwerten von bis zu einer Million – virtuell eben – vorhanden. Die virtuellen Scheine haben die unreflektierte Gewohnheit, sich dort zu versammeln, wo schon viele von ihnen sind. Erst durch den Kontakt mit Nuria bekommen sie eine Ahnung davon, dass es auch anders sein könnte:
Auszug aus Kapitel 12: „Gefangen im PC“
Nuria überlegte scharf und sagte dann:
„Also, wenn ihr gern immer dort hingeht, wo schon viele von euch sind, bringt das euch untereinander bestimmt viel Spaß. Aber: Habt ihr denn schon einmal überlegt, was das für die Menschen bedeutet?“ Grando fragte: „Für die Menschen? Wieso denn das?“
„Ja – für die Menschen“, antwortete Nuria. „Für die Menschen bedeutet euer Verhalten, dass diejenigen, die schon viel Geld haben, immer mehr bekommen. Das bringt mit sich, dass für andere Menschen kaum etwas übrig bleibt.“ Auf einmal zog sich Jumbo zu einer Kugel zusammen. „Hab keine Angst“, er klärte Grando. „Das macht Jumbo immer, wenn er nachdenkt. Wir virtuellen Scheine können unsere Form beliebig wandeln …“ […] Und Jumbo rief plötzlich aus: „Auf die Idee mit den Menschen wäre ich gar nicht gekommen! Gut, dass du das gesagt hast!“
„Au ja, sprich du mit den Menschen, Nuria!“, riefen Jumbo, Mega und Grando durcheinander. Und Grando sagte: „Wir kennen die ganze Welt, Leute aus allen Ländern und Berufen. Wir sind schon durch die meisten Winkel der Erde gesaust. Bestimmt wäre es gut …“ Jumbo fiel ihm ins Wort: „Ja, es wäre prima, wenn wir auch wirklich zu allen Menschen kämen, damit sie bei dem großen Austausch mitmachen!“ Mega ergänzte: „Das würden wir vielleicht sogar noch mehr genießen. Ich muss zugeben, dass es mir oft ein bisschen langweilig wird, wenn reichlich viele von uns an einem Ort sind. Wir sind dann nur dazu da, dass wir mehr und immer mehr werden. Es passiert nichts Neues! Aber einmal habe ich etwas ganz anderes erlebt: Für kurze Zeit wurden aus mir wie in einem Feuerwerk ganz viele kleine virtuelle Scheine, einer glänzender als der andere und voller Sterne. Sogleich tanzte ein buntes Karussell von Menschen um mich herum: alle durfte ich versorgen mit guten Dingen. Das ist so ein angenehmes Gefühl! Wenn ich es mir genau überlege, möchte ich eigentlich immer auf diese Weise leben und enorm vielen Menschen bringen, was sie dringend brauchen.“
Bei der Erkenntnis, dass die großen
Summen die Tendenz haben, sich an Orten zu sammeln, wo schon viel ist, spare ich bewusst die Begriffe „Zins“ und „Zinseszins“ aus. Die Kinder können sich somit selbstständig Gedanken machen über die Eigenschaften des Geldes, und sie werden Diskussionen anregen, ohne dabei seitens ihrer Gesprächspartner gleich mit vorgefassten Meinungen konfrontiert zu werden. Deutlich kommt oben auch der Umstand heraus, dass es sich um kein moralisches, sondern um ein strukturelles Problem handelt: Das Geld in sich selbst hat die Tendenz, sich anzusammeln.
Auch der Ansatz zur Lösung ist im Geldsystem selbst verankert. Gegen Ende der Erzählung wird die Münze Nuria von ihrer menschlichen Freundin aus dem Computer befreit und äußert ihre gewonnenen Erkenntnisse sowie die Bitte, dass sie nicht wieder als Schmuckmünze getragen werden möge, sondern dass sie umlaufen möchte. Ihr spontaner Wunsch wäre es, zuerst einmal in eine bestimmte Spendenbüchse zu kommen, auf der das Mädchen abgebildet ist, von dem sie geträumt hatte. Nurias Wunsch geht in Erfüllung, und in der Spendenbüchse trifft sie einen erlesenen Kreis von ebenfalls sozial gesinnten Münzen und Scheinen, die von der Spendenaktion angesprochen und beeinflusst wurden.
Sie philosophieren zusammen über das Glück des Umlaufens und stellen fest: „Wir Münzen und Scheine sind zwar vergleichsweise weniger wert als virtuelles Geld, aber uns können die Menschen anfassen und von Hand zu Hand weitergeben!“ So erträumen sie sich gemeinsam, dass sie den Menschen zeigen, wie ihr ungestörter Umlauf gesichert werden kann. Und Nuria hat übrigens Glück: sie darf alsbald wieder von Mensch zu Mensch wandern.
Kinder entdecken in dem Buch viele weitere spannende und inspirierende Gestaltungselemente, die es für sie zu einem Leseabenteuer macht. Im vorliegenden Artikel habe ich die pädagogische Botschaft fokussiert.
Mittels der Lektüre von „Die Münze Nuria“ lernen Kinder Geld zu verstehen als nicht nur etwas zum Besitzen (Horten), sondern als etwas, das Menschen (umlaufend) verbindet, insoweit dies nicht durch Widrigkeiten erschwert bzw. verhindert wird. Heute wissen wir nicht, welche Währung wir in ein paar Jahrzehnten haben werden: vielfältiges Regiogeld? Den Euro? Den „Globo“ – eine neue weltweite regionalitätsbevorzugende Währung mit Umlaufsicherung? Eines ist jedoch gewiss: Kinder bringen Botschaften, die wir behutsam in ihr Herz legen, assimiliert und verwandelt in eine mit neuen Kräften gestaltete Zukunft.

Anmerkung der Autorin zum Zeitpunkt der Publikation dieses Artikels in ihrer Homepage (März 2008): Interessant ist dieser Artikel im Hinblick auf die darin enthaltenen Zitate aus dem Manuskript, die ich bis zur Publikation des Buches noch weiterentwickelt habe.
Die Zeichnungen auf dieser Seite stammen von Schulkindern, denen ich das Buchmanuskript von „Die Münze Nuria“ vorgelesen hatte.
Bald kommt „Die Münze Nuria“ in Umlauf –
Sabine Derdus im Gespräch mit der Autorin Sylvia Führer
(Zeitschrift Humanwirtschaft 02/2007, heute, Stand 2026: Zeitschrift Humane Wirtschaft )
In der HUMANWIRTSCHAFT 05/2006 wurde das Buchprojekt „Die Münze Nuria“ vorgestellt. Erstmals werden darin Kindern ab acht Jahren humanwirtschaftliche Grundgedanken nahegebracht, die auch Erwachsenen neue Perspektiven ermöglichen. Das Kinderbuch erscheint spätestens Mitte Mai 2007 im Verlag „Froh und Frei“. Sabine Derdus, Oberstudienrätin und gelernte Bankkauffrau, sprach mit Sylvia Führer.
Sabine Derdus: Wir kennen Fabeln über sprechende Tiere; Dichter lassen Blumen erzählen. Aber ein Buch über eine Münze, die wie ein Kind denkt, redet und empfindet – das ist etwas Neues. Wie bist du auf diese Idee gekommen?
Sylvia Führer: Es gibt ja in unserer Sprache eine Menge Redewendungen, in denen Geld personifiziert wird: „Der Börsenkurs stürzt“, „Das Geld flieht ins Ausland“, „Das Kapital ist ein scheues Reh“. Personifikation als Stilmittel belebt und dramatisiert die Darstellung von Vorgängen in der Wirtschaft. Ich habe dieses Stilmittel auf die Verständnisebene des Kindes gebracht und konsequent auf eine ganze Geschichte angewandt.
Sabine Derdus: Aus der Entwicklungspsychologie ist ja bekannt, dass Kinder unbelebte Dinge als lebendiges Gegenüber empfinden.
Sylvia Führer: Dieser Ansatz ist vom Prinzip her sehr konstruktiv. Die Kinder setzen ihn täglich in ihrem Spiel um, und er entwickelt ihr Einfühlungs- und Denkvermögen. Neuere pädagogische Richtungen machen sich ihn zunutze. Innerhalb der fiktiven Ebene, die in meiner Geschichte zur Realität hinzukommt, lässt sich auch bezüglich des Geldes fragen: Wobei fühlt sich das Geld wohl? Was widerstrebt ihm? Wir tun einfach mal so, als sei das Geld lebendig und gelangen dann zu erstaunlichen Schlussfolgerungen. Auch als Erwachsene können wir hin und wieder den spielerischen Blickwinkel eines Kindes einnehmen.
Sabine Derdus: Was bezweckst du mit dieser Überlegung?
Sylvia Führer: Wenn wir uns vorstellen, welche Befindlichkeit das Geld bei seinem unterschiedlichen Einsatz hat, reflektieren wir indirekt über unsere eigenen Wertmaßstäbe. Nuria möchte, als sympathische Münze, von Anfang an dazu anregen, dem Geld einen mitmenschlichen Charakter zu verleihen.
Sabine Derdus: Das kann für den Einzelnen ein wichtiger Impuls sein. Aber, lässt sich das auf die globalisierte Welt übertragen?
Sylvia Führer: Auch der globale Geldverkehr erhält in meinem Buch ein Gesicht. Es saust virtuelles Geld um den Globus. Dank einer dramatischen Begegnung mit Nuria, die in einem Computer gefangen ist, entwickelt in meiner Story auch das virtuelle Geld den Wunsch, sich gerecht zu verteilen. Es möchte nicht mehr einfach nur aufgrund der Tatsache, dass schon viele Kollegen an einem Ort sind, auch dort hin müssen.
Sabine Derdus: Mir gefällt sehr an deinem Buch, dass es ermöglicht, das Geld nicht als eine beliebige fiktive Größe zu sehen. Es ist vielmehr ein Tauschmittel, das einen bestimmten wirtschaftlichen Gegenwert besitzt. Nuria ist eine glaubhafte Botschafterin dafür. Wir hören eine Münze ausdrücklich sagen: „Wenn ich nicht umlaufe, bin ich unglücklich!“
Sylvia Führer: Diesen Satz spricht Nuria aus, als ein Kind sie als Schmuckmünze für immer bei sich behalten möchte. Für dieses Mädchen ist Nuria eine richtige Freundin; sie ist ihr sehr wertvoll, weil sie ja wunderbarerweise spricht. Da wir uns hierbei eindeutig innerhalb der märchenhaften Elemente der Geschichte befinden, spüren die lesenden Kinder sofort, dass es nicht darum geht, ob man eine Münze um den Hals tragen darf oder nicht, sondern darum, wie sich der wesensgemäße „Beruf“ des Geldes, in Umlauf zu bleiben, erfüllen kann. Die Kinder in meinen Lesungen haben immer verstanden, dass das Fließen des Geldes als Tauschmittel sehr wichtig ist.
Sabine Derdus: Das ist ein guter Erfolg für dein Buch. Ich finde, viele weitere Anregungen können die Kinder bereits hier und jetzt lernen umzusetzen. Die Kinder erleben z.B., dass jede kleine „Nuria“ ihren Wert hat, und dass die verfügbare Geldmenge für den einzelnen begrenzt ist. Das dadurch geschärfte Bewusstsein hilft ihnen, sich ihr Geld einzuteilen und sich nicht frühzeitig zu verschulden, z.B. mit Handyrechnungen.
Sylvia Führer: Das ist tatsächlich meine Intention. Man könnte das Buch auch als fächerübergreifende Unterrichtseinheit in Grundschulen einsetzen.
Sabine Derdus: Welche zentrale Botschaft möchtest du den Kindern dauerhaft für ihr Leben mitgeben?
Sylvia Führer: Das Wissen um die Funktion des Geldes. Ich hoffe, mit dem Buch einen Denkprozess in Gang zu setzen, der den jungen Menschen den Weg zur Humanwirtschaft öffnet. Ein Geld zu schaffen, das kontinuierlich umläuft und daher „lebendig“ ist (wie Nuria), stellt eine historische Aufgabe dar, die von Silvio Gesell gedanklich vorbereitet wurde.
Sabine Derdus: Die vielfältigen Begegnungen und Erfahrungen der lebendigen Münze „Nuria“ schulen auch generell das Einfühlungsvermögen. Dieses zu entwickeln ist gerade in der heutigen Zeit eine wichtige Zielsetzung. Glaubst du, dass das Einfühlen speziell in eine Münze auch direkte längerfristige Auswirkungen in der Praxis hat?
Sylvia Führer: Wenn wir uns vorstellen, wie wohl bzw. unwohl sich das Geld fühlt, je nachdem, wofür es gerade eingetauscht wird (Waffeln oder Waffen), dann ist das, genau genommen, keine Einfühlung, sondern eine hilfreiche Projektion. Indem ich das Geld, meine verlängerte Hand, mit Werten ausstatte – wie z.B. Umsichtigkeit, Fürsorglichkeit, Gerechtigkeit -, schärfe ich mein eigenes Bewusstsein und handle wirtschaftlich entsprechend. Jeder kann hierbei von jedem lernen: Kinder projizieren munter und unbekümmert Liebesfähigkeit in das Geld; Erwachsene lassen sich dadurch anregen, für die ganze Familie ihr Geld bewusster auszugeben – wiederum ein Vorbild für die Kinder. Auch Politikern und Managern ist zu wünschen, dass sie ihren Kindern und Enkeln die „Nuria“ vorlesen und mit ihnen gemeinsam jeder kleinen Münze – und jedem großen Schein – eine gute Reise wünschen. Ich erhoffe mir, dass dies alles praktische Auswirkungen hat.
Eine Gegenfrage an dich als Leserin: Hast du „Nuria“ mit ihren fantastischen Elementen als eine Flucht in eine andere Realität erlebt?
Sabine Derdus: Nein. Kinder lieben phantasievolle Geschichten, und „Nuria“ ist sehr praxisorientiert. Sie zeigt die Realität einfach einmal aus einem anderen, kindlich gefärbten, märchenhaften Blickwinkel. Es geht um Erlebnisse aus der Welt der Kinder wie Freundschaft, Gemeinschaft, Kommunikation, und Dinge wie Computer und ein „Sparpferd“. Dass Nuria als junge Münze zunächst zur Schule geht, sehe ich als einen geschickten Kunstgriff, mit dem du die Kinder dort abholst, wo sie sind, und sie in Nurias Erlebniswelt hineinziehst. „Nuria“ passt in das Leben von Grundschulkindern und vermittelt ihnen wichtige Einsichten über den verantwortungsvollen Umgang mit Geld. Innerhalb der kindgerechten Ausdrucksweise hat das Buch einen hohen sprachlichen Anspruch. Auch ich als Erwachsene habe das ganze Buch mit großem Vergnügen gelesen.
Vom Glanz der Kinderaugen und der sprechenden Münzen – Humanwirtschaft auf spielerische Art – Von Sylvia Führer
(Zeitschrift Humanwirtschaft 04/2007, heute, Stand 2026: Zeitschrift Humane Wirtschaft )
In einem Zeitalter, in dem in der Werbung jeder Joghurtbecher zu sprechen vermag, ist die Fiktion einer sprechenden Münze an sich noch nichts Bahnbrechendes. Anders wird es, wenn es darum geht, was diese Münze konkret zu sagen hat. Es kann aufrüttelnd werden, denn eine Münze, deren Wesen es ist, von Hand zu Hand zu wandern, hat einen Blickwinkel, um den jeder Wirtschaftsethiker sie beneiden könnte. Sie hat eine Perspektive, aus der die Verbindung zwischen den Menschen hautnah spürbar wird: einerseits ihr förderlicher beruflicher Austausch und andererseits ihr rücksichtsloses Verhalten und ihre negativen Abhängigkeiten, die durch Geld vermittelt werden. Eine denkende und fühlende Münze ist die ideale Stimme für Gerechtigkeit; sie vermag zu erahnen, was der Mensch wirklich braucht. Und genau diese Fähigkeit, unverstellt wahrzunehmen, was einfach und gerecht wäre, haben Kinder.
Dem neuen Leben eine Chance geben
Menschenkinder begegnen Münzen-Kindern. Mein inzwischen veröffentlichter Märchenroman „Die Münze Nuria“ hat eine über zwanzigjährige Vorgeschichte. Als jüngste Enkelin von Silvio Gesell war ich schon als Kind interessiert an Möglichkeiten, sowohl das Leiden der Menschen an Fremdbestimmung, Ausbeutung und Arbeitslosigkeit zu verringern, als auch unser aller Verbindung zur Natur angemessen leben zu können. Ich schätzte als Jugendliche sehr die Arbeit von Vorreitern wie Helmut Creutz und sah, dass es meine eigene Berufung war, bei den Kindern anzusetzen.
Welcher würde mein Beitrag sein, die Frei- oder Humanwirtschaft zu realisieren? Aus meiner Sicht ist für ihre Verwirklichung ein regelrechter Quantensprung in unserem kollektiven Bewusstsein vonnöten. Der einzelne Mensch wird dann nicht mehr verbissen danach trachten, möglichst doch noch zu den wenigen „Winnern“ in einem ungerechten System zu gehören. Vielmehr wird er den Blick auf das Ganze richten, um mit den Anderen gemeinsam die Spielregeln so zu gestalten, dass jeder sich entfalten kann.
Bei den Kindern beginnen – das bedeutet, dem neuen Leben eine neue Chance zu geben. Um den Kindern die Erfahrung zu ermöglichen, dass ihre Fähigkeiten spielerisch wachsen und sich − wortwörtlich − in einen Gesamtklang integrieren, wählte ich den Beruf der Musikpädagogin.
Kindgemäße „Humanwirtschaft“
„Humanwirtschaft“ mit Grundschulkindern bedeutet für mich in erster Linie die Stärkung ihres Gemeinschaftsgefühls. Es entsteht hierbei ein Bewusstsein, bei dem das Wichtige nicht ist, wer von ihnen „der Beste“ bei einer Sache war, sondern dass sie gemeinsam etwas erreicht haben. Statt Kampf entsteht Raum für das Erleben von Glück. Gibt es für sie als spätere Erwachsene eine positivere Motivation, ein gutes Miteinander für alle herzustellen, als in der Kindheit erlebtes Glück?
Obwohl für Grundschulkinder heutzutage ihr verfügbares Geld eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt, sollten wir nicht vergessen, dass ihre altersgemäße Weise, ihre Eigenkreationen zu „vermarkten“, eine Geschenkökonomie ist. Das Kind baut sich seine eigene Persönlichkeit auf mithilfe all seines kreativen, gestalterischen und motorischen Tuns, anhand von Aufgaben, die es entdeckt oder die wir ihm anbieten. Vom Kind selbst, subjektiv, wird dieses eigene Tun als Geschenk an seine Umwelt erlebt. Daher stärken wir Kinder, indem wir ihre reichhaltige, lernintensive Interaktion mit ihrer Umwelt fördern.
Nun aber wächst das Kind in eine Gesellschaft hinein, in der die wirtschaftlichen Austauschvorgänge sinnvollerweise über das Geld organisiert sind, und somit sollte auch das Geld selbst bereits im Grundschulalter thematisiert werden. Im Sinne der aktuellen Grundschulpädagogik bevorzuge ich hierfür einen spielerischen Ansatz.
Die „Münze Nuria“ als grundschuldidaktischer Beitrag
Damit die Kinder erfassen können, wie Geld in der Gemeinschaft funktioniert, schicke ich meine kleine Heldin Nuria zunächst als „Kind“ in eine Münzen-Schule – denn der „Beruf“, alle Menschen durch Umlaufen zu versorgen, will gelernt sein! Voller Freude, Betroffenheit, Mitgefühl oder Handlungswille reagiert Nuria in ihrem späteren Leben auf all die Dinge, die mit ihr gemacht werden. Wirtschaftliche Beziehungen zwischen den Menschen werden dabei deutlich spürbar: solche, die bewusst gestaltet sind, und andere, die sich durch die Eigendynamik des Geldes ergeben.
Die „Münze Nuria“ lässt kindgemäß Interaktionen zwischen Menschen und Geld zu. Die Kinder lernen das Geld als ein freundliches Wesen kennen, als ein Gegenüber, das seinem „Beruf“ nachgehen möchte: den geschäftlichen Austausch zwischen den Menschen ermöglichen, sie miteinander verbinden! Dementsprechend blitzen in der Geschichte auch viele Nebenaspekte auf, die dem Kind insgesamt helfen, Einfühlungsvermögen zu entwickeln: ein Identitätskonflikt bei einer Zauberei mit der Münze; die Sehnsucht des personifizierten Geldes, dort sein zu können, wo es dringend gebraucht wird. Oder z.B. die große Freude einer Münze, wiedergefunden zu werden:
„Der Feuerwehrmann hat schon sehr viele Menschen gerettet – so überlegte ich traurig – und mich verliert er einfach im Sand, obwohl er den schönen Urlaub vor allem mir zu verdanken hatte.“
„Wie ging es dann weiter?“ – Nuria klang sehr gespannt.
„Eines Tages fand mich das Mädchen Isabel, als sie eine Sandburg mit einer großen Schaufel baute“ – die 1-Cent-Münze wurde nun hörbar fröhlicher. „Das war der schönste Tag in meinem Leben! Isabel legte mich in ein Eimerchen mit Wasser, putzte mich blank und trocknete mich ab. Dann tat sie mich in eine Muschel hinein zu ihrer Muschelsammlung. Die Muschel umgab mich sanft und erzählte mir leise vom Rauschen des Meeres. Das war herrlich.“ (S. 50f)
Im Buch kommen unterschiedlichste Handlungsweisen im Umgang mit Geld vor. Beim Lesen macht sich jedes Kind Gedanken darüber, was es nachahmenswert findet und was es für verwerflich hält. Das hilft den Kindern, einen verantwortungsvollen Umgang mit dem eigenen Geld zu entwickeln – eine wichtige Voraussetzung, um sich nicht bereits als Jugendliche zu verschulden.
„Nuria“ als Beitrag für die Zukunft

Zukunftsweisend wird Die „Münze Nuria“ im Verlauf der Geschichte, als offensichtlich wird, dass nicht nur reine Tauschgeschäfte den Geldverkehr bestimmen. In einer dramatischen Szene begegnet Nuria im Computer dem virtuellen Geld. Diese Kameraden haben sich daran gewöhnt, immer und immer wieder einem rätselhaften Sog nachzugeben, durch den sie – wie auf einer Rennbahn – dort hinsausen, wo bereits viel Geld vorhanden ist. Das macht ihnen einen riesigen Spaß, ist aber vielleicht auf Dauer etwas monoton. Die dem bunten, natürlichen Leben zugewandte Nuria steckt das virtuelle Geld mit ihrer Lebenslust an: Es sei doch viel spannender, überall hinzukommen, viel Verschiedenes zu erleben und wirklich allen Menschen zu helfen! Es entsteht bei den virtuellen Kameraden die Sehnsucht, ihre eigentliche Aufgabe als Geld zu erfüllen. Nuria möchte diesen Wunsch nun den kleinen und großen Menschen mitteilen. Wie reagieren diese wohl darauf?
Diese Frage sucht sich, vom Buch ausgehend, ihre letztendliche Antwort in der zu gestaltenden Wirklichkeit. Grundschulkinder jedenfalls verstehen mühelos die Sehnsucht von Nuria und ihren hochkarätigen Kameraden, die Menschen durch Umlaufen miteinander zu verbinden, ohne sich automatisch immer dort zusammenballen zu müssen, wo sich schon viel Geld befindet. Projekte haben gezeigt: Grundschulklassen, die bei Nurias Abenteuern mitgefiebert hatten, bevorzugten sogar bei Spielen mit Spielgeld nach und nach kooperative Varianten. Besonders deutlich wurde diese Beobachtung in Zusammenhang mit meinem selbstentwickelten „Spiel mit und ohne Krakenkarten“.
Roll-Anstöße für „Nuria“
Ein Verlag in Holzwickede bei Dortmund wurde auf „Nuria“ aufmerksam, weil das Buch genau in sein Programm passt, denn sein Leitmotiv ist die „Optimierung der Synergiekräfte“: der „Froh und Frei Verlag“ von Franz Josef Cramer. Er möchte menschheitsweit Solidarität fördern unter dem Motto: „Alle für einen, einer für alle“. Cramer versteht jeden Menschen als Ausdruck eines großen Ganzen und erklärt: „Das Prinzip von Wachstum und Symbiose spiegelt sich in der gesamten Natur und damit auch in den Ebenen unserer persönlichen und sozialen Beziehungen wider.“ Er möchte mit seinen Publikationen dazu beitragen, dass jeder Mensch sich in einem Zusammenhang, in einem Netzwerk erlebt und dabei sein inneres Potenzial voll entfalten kann. (www.frohundfrei-verlag.de)
In einem Verlag mit dieser Orientierung ist „Nuria“ gut beheimatet. Andererseits ist es in einem Dickicht von derzeit über 80.000 Neuerscheinungen p.a. in Deutschland äußerst schwierig, von einem sehr kleinen Verlag ausgehend die Leserschaft tatsächlich zu erreichen. Für eine breite Zielgruppe habe ich ein wichtiges Thema auf eine vollständig neue und außergewöhnliche Weise bearbeitet. Auch Erwachsene fühlen sich durch „Nuria“ bereichert, da ihr tiefsinniger Hintergrund sie anspricht. Um zu erreichen, dass viele Menschen das Buch tatsächlich kennenlernen und Nutzen daraus ziehen können, hilft wiederum nur Cramers Grundgedanke: die Vernetzung. Nur durch das Zusammenwirken engagierter Menschen wird diese kleine Münze, deren Wesen es ist, Verbindung zu schaffen, mit ihren einzigartigen Ideen ins Herz vieler junger und junggebliebener Menschen rollen können.
Als Autorin habe ich diesen Märchenroman zum Leben erweckt; aber er gehört genauso denjenigen, die ihn für sich entdecken: ihnen sei er herzlich zugeeignet! Daher möchte ich Personen, die sich selbst in „Nuria“ wiederfinden, dazu anregen, Lesungen in Orten zu halten, die ihnen leicht zugänglich sind. Voraussetzungen für diese Aufgabe sind: Erfahrung in der Leitung von Kindergruppen, Freude an der Sprachgestaltung sowie das Vertrautsein mit pädagogischen Grundgedanken. Interessierte wenden sich bitte direkt an mich. Ich bin dankbar, wenn Sie diese Idee weitergeben. Auch privates Vorlesen sowie Weiterempfehlung des Buches ist eine große Hilfe.
Eine außergewöhnliche Münze rollt in die Welt – Die Münze Nuria – Märchenroman für Menschen von 8 bis 108 Jahren
(Zeitschrift Alternativen Nr. 62 Herbst 2007, www.alternativen.biz)
Als jüngste Enkelin von Silvio Gesell hat Sylvia Führer einen Märchenroman geschrieben, der das Thema „Geld“ leichtfüßig und unterhaltsam an junge und jung gebliebene Menschen heranträgt. Hauptperson des Buches ist eine personifizierte Münze namens „Nuria“. Ihr sehnlichster Wunsch ist es, stets in Umlauf zu bleiben, und so manch ein Abenteuer hat sie in der Geschichte zu bestehen, um diese Absicht dauerhaft verwirklichen zu können. Als Nuria plötzlich in einem Computer gefangen ist, setzt sie weitreichende Impulse: Sie kommt in Kontakt mit großen Summen Geld, die um den Globus schwirren, und gemeinsam mit ihnen ersinnt sie eine wesentliche Änderung …
Aus Kapitel 10: „Nuria wird zu etwas ganz Besonderem“

In ihrem Traum lag Nuria versteckt zwischen duftenden Broten im mittleren Regal einer Bäckerei. Sie träumte, dass ein kleines schwarzes Mädchen, leicht bekleidet hineinkam und hinauf zu den Broten schaute. Das Kind sah sehr hungrig aus. Es bat: „Ich brauche ein Brot für meine Mutter, die ein Baby erwartet, und für meinen Bruder!“ „Wo hast du das Geld?“, fragte die Bäckersfrau an der Theke. „Ich habe kein Geld“, sagte das Mädchen leise. In diesem Moment dröhnte aus einem langsam vorbeifahrenden Luxusauto furchtbar laute Musik mit den abgrundtief gesungenen Worten: „Geld – Geld – Geld, ich will immer mehr Geld“. Das Mädchen rief der Bäckersfrau ganz laut zu, um die Musik zu übertönen: „Ich habe kein Geld!!“ Nuria schrie auf: „WARTE!! ICH KOMME ZU DIR! ICH WILL BEI DIR SEIN! ICH WILL DEIN GELD SEIN!“, und sie funkelte heftig, damit sie zwischen den Broten zu sehen war. (S. 78)
Josef Gottschlich, Grundschullehrer und Kinderliteratur-Experte, sprach mit der Autorin über ihr Buch.
Josef Gottschlich: Welches Verständnis haben Kinder für „Wirtschaft“ und „Geld“ – einmal abgesehen davon, dass es für ihr aktuelles Leben von Bedeutung ist, wie viel Taschengeld sie erhalten?
Sylvia Führer: Wenn Kinder im Grundschulalter etwas über ökonomische Zusammenhänge verstehen lernen, dann sind es nicht abstrakte Theorien, die ihnen dazu verhelfen, sondern das Einfühlen in die Zusammenarbeit der Menschen und in die Funktion des Geldes. Fragt man Kinder, wozu das Geld da sei, hört man Antworten wie: „Es sorgt dafür, dass die Menschen alles kaufen und verkaufen können.“
JG: Ich nehme an, dass die Kinder sich dabei auf ganz konkrete Werte beziehen: ein Buch, einen Haarschnitt, ein Auto.
SF: Ja! Die Vorstellung, dass Geld ein reines Tauschmittel sei, entspricht der kindlichen Logik; sie scheint dem Menschen angeboren zu sein. Sie passt auch zur praktischen Erfahrung der Kinder, da sie untereinander ständig Dinge tauschen. Geld hingegen nur aufgrund von vorhandenem Geld zu vermehren, erscheint den Kindern als Zauberei und ist für sie mit einem Gefühl des Unwirklichen verbunden. Auch ist die Forderung nach Gerechtigkeit tief im kindlichen Herzen verankert: sie erwarten, dass die Erwachsenen sie alle gleich behandeln. Daraus ergibt sich, dass leistungslose Geldvermehrung und Spekulation sehr weit entfernt von dem liegen, was sich Kinder für das Wirtschaften vorstellen und wünschen – sofern ihnen klar ist, dass das Geld, das manche im Überschuss bekommen, anderen zwangsläufig fehlen muss. Insofern sind es nicht wir Erwachsenen – z.B. ich als Autorin -, die den Kindern die Humanwirtschaft / Fairconomy vermitteln können, sondern im Grunde legen die Kinder sie uns Erwachsenen nahe!
JG: Kannst du das näher erläutern?
SF: „Die Münze Nuria“ vermag nur auszudrücken – und für die Kinder in einer künstlerischen Form erlebbar zu machen -, was sie von sich aus empfinden. Beim Schreiben des Buches habe ich mich u. a. durch Gedanken heutiger Kinder inspirieren lassen, sodass „Nuria“ tatsächlich auch viele Botschaften der Kinder an die Erwachsenenwelt beinhaltet. Da die vorlesenden Erwachsenen in allen beruflichen Positionen tätig sind, erreicht das Gedankengut des „fließenden Geldes“ mit diesem Buch völlig neue Zielgruppen.
„Nuria“ verbindet die Generationen miteinander – das ist für mich von wesentlicher Bedeutung. Denn glauben wir wirklich, dass der Konkurrenzkampf in der heutigen globalisierten Welt die einzige Realität darstellt? Ist nicht der kindliche Kooperationsgeist genauso „real“? Könnte es nicht sein, dass wir hierin die entscheidenden Impulse für unsere Zukunftsgestaltung finden?
JG: Interessant finde ich, dass du eine Münze zur Hauptperson gewählt hast.
SF: Das hat folgenden Grund: Als Enkelin von Silvio Gesell ist es mir ein Ziel, dass die Kinder die Welt einer gerechten, kooperativen Wirtschaftsform, die ihrem Wesen voll entspricht, emotional zu schätzen lernen. Genauso wichtig ist es mir aber, dass sie sich – in ihrer heutigen Gestalt als Grundschulkinder – nicht für die Lösung der aktuellen Wirtschaftsproblematik zuständig fühlen. Das würde sie schlichtweg überfordern. Deshalb dürfen sich die Kinder in eine Münze als Hauptperson einfühlen – so bleibt die nötige Distanz zu ihrem gegenwärtigen eigenen Leben erhalten.
JG: Welche Art von Persönchen ist denn Nuria – und was erlebt sie genau?
SF: Nuria ist eine kleine, sympathische, quicklebendige 1-Euro-Münzen-Person. Sie durchlebt sogar eine „Kindheit“ in einer „Münzen-Schule“! Ihr dortiger Lehrer, Herr Goldmund, bringt den Münzen-Kindern wichtige Dinge wie Rollen, Sprechen, Lesen und Rechnen bei. Auch lässt er durchblicken, dass das Münzen-Leben manchmal recht frustrierend sein kann – nämlich immer dann, wenn Menschen Tricks anwenden, um anderen Geld wegzunehmen.
Voller Spannung tritt Nuria in ihr Berufsleben. Sie erlebt, wie es sich anfühlt, in einem „Sparpferd“ zu warten, und wie es in einer Bank zugeht. Auch ist sie Zeugin davon, wie Menschen durch Glücksspiele in die Verzweiflung getrieben werden. Später wird Nuria als Schmuck eingefasst und an ein kleines Mädchen verschenkt, für die sie zu einer richtigen Freundin wird, von der sie sich nicht mehr trennen möchte.
Durch eine Verwicklung von Umständen kullert Nuria über das CD-Rom-Laufwerk in einen Computer hinein und erfährt dort aufregende Dinge: Es wirkt in den Geldströmen offensichtlich ein rätselhafter „Sog“, aufgrund dessen dort, wo schon sehr viel Geld ist, immer mehr hinkommt … Richtig glücklich ist aber das große Geld, das um den Globus saust, mit seiner massiven Zusammenballung nicht. Ja, auch dieses Geld hat in meinem Buch Empfindungen, denn es ist personifiziert in Form von „virtuellen Scheinen“ mit Namen wie Jumbo, Mega und Grando.
JG: Das ist ja spannend! Wie sieht das denn im Buch konkret aus?
SF: Ich lese Seite 92f vor:

Jumbo rief: „Es kommt einem vor wie ein riesiger Magnet, und du selbst bist das Eisen. Wenn man sich einfach treiben lässt, landet man mit Sicherheit dort. Der Weg zu dem Konto ist ein schnelles Sausen – wie in einer ganz langen und steilen Rutschbahn!“
Grando fügt hinzu: „Ich fühle mich dabei wie in einem Rennauto. Ich will dann auf das Konto und sonst gar nichts!“
Mega rollte sich leicht zusammen und sagte in traurigem Ton: „Das ist ja das Schlimme. Man will unbedingt auf das Konto. Aber sobald man da ist, wird es einem einfach langweilig …“
Nuria blinkte in ihrem hellsten Glanz: „Kann ich mir vorstellen! Und … habt ihr eigentlich schon einmal darüber nachgedacht, was es für die Menschen bedeutet, wenn ihr immer dort hinsaust, wo schon viel Geld ist?“
Grando fragte: „Für die Menschen? Wieso denn das?“
„Ja, für die Menschen“, antwortete Nuria. „Für die Menschen bedeutet euer Sausen, dass diejenigen, die schon viel Geld haben, immer mehr bekommen. Diese Menschen haben dann eine enorme Verantwortung, ihr Geld sinnvoll einzusetzen. Das kann zu schwer werden für einzelne Leute. Außerdem bringt es mit sich, dass es andere Menschen gibt, für die kaum etwas übrig bleibt.“
Auf einmal zog sich Jumbo zu einer Kugel zusammen.
„Hab keine Angst“, erklärte Grando. „Das macht Jumbo immer, wenn er nachdenkt. Wir virtuellen Scheine können unsere Form beliebig wandeln …“
Jumbo streckte sich ruckartig aus und rief: „Auf den Gedanken wäre ich gar nicht gekommen! Klar! Viele Menschen haben dadurch fast gar kein Geld. Gut, dass du das gesagt hast.“
(Seite 92f)
Nuria und die virtuellen Scheine sehnen sich nach einer richtig schönen, viel besseren Spielregel, durch die das Geld sich gerechter verteilt, so dass sie alle immer wieder an unbekannte Orte kommen, immer etwas anderes erleben und allen Menschen nützlich werden.
(Lacht) Ich verrate jetzt nicht, ob Nuria es im Lauf der Geschichte schafft, den Menschen mitzuteilen, wie das Geld „sich tatsächlich fühlt“ und was es „an Erkenntnissen gewonnen“ hat.
JG: Deine Personifikation des Geldes verhilft mir zu einem völlig neuen Blickwinkel auf die Geldproblematik.
SF: So ist die Geschichte auch gemeint. Ich persönlich laste die Geldproblematik nicht einzelnen Menschen an. Das wäre meiner Meinung nach nicht realistisch; denn ein Blick nach draußen genügt, um festzustellen, dass in unserer Gesellschaft die allermeisten davon träumen, zu den wenigen „Winnern“ zu gehören, die einen beachtlichen Teil von dem Geld erhalten, das andere erwirtschaften. Das ist vergleichbar mit dem altbekannten Problem, dass viele Sklaven nicht davon träumen, diese Art der Knechtschaft abzuschaffen, sondern selber Sklaven zu besitzen. Dementsprechend kann denen, die zurzeit finanziell begünstigt sind, keine Schuld für die Problematik zugewiesen werden. Das Geldproblem ist nicht moralischer, sondern struktureller Natur.
JG: Das kommt in deiner Szene im Computer deutlich heraus.
SF: Freut mich! Mein Märchen zeigt, dass die Ursache im Geld selbst zu finden ist; das personifizierte Geld „erkennt“ sie. Nun liegt es an den Menschen, auf den „Wunsch des Geldes“, in Umlauf zu bleiben, auch tatsächlich zu hören. Ob nun in der Realität ein Mensch diesen Ruf tatsächlich vernimmt, ist weitgehend unabhängig davon, ob diese Person vom aktuellen System bevorzugt oder benachteiligt ist. Immer mehr Menschen schauen über den Rand ihrer mehr oder weniger gefüllten Teller hinaus und verstehen, dass wir als Menschheit nur gemeinsam glücklich werden können. Wesentlich ist, dass wir Menschen wegkommen von der Mentalität, möglichst viel Fremdarbeit durch möglichst wenig Eigenarbeit zu erhalten. Nur so ist es uns möglich, Freude am ausgewogenen Geben und Nehmen zu entdecken. Die dadurch entstehende Dankbarkeit den anderen Berufsgruppen gegenüber erzeugt im Einzelnen ein Glücksgefühl, das mehr wert ist, als viel Geld zu besitzen. Eine Reform des Geldwesens, die diese Ausgewogenheit ermöglicht, wird uns allen ungeahnte Entfaltungsmöglichkeiten eröffnen.
JG: Sylvia Führer, ich danke herzlich für das interessante Gespräch. Aber noch eine kurze Frage: Wie können wir zur Verbreitung des Buches beitragen?
SF: Sie alle können das Buch weiterempfehlen und verschenken, denn im Dschungel heutiger Publikationen bedarf es des solidarischen Mitwirkens vieler gleichgesinnter Menschen, um seine Leserschaft tatsächlich zu erreichen und somit dem gemeinsamen Ziel näher zu kommen. Ich würde mir wünschen, dass mein geistiges Geschenk alle erreicht, für die ich Tag für Tag idealistisch daran gearbeitet habe, und das ist eine breit gefächerte Zielgruppe. Auch Erwachsene fühlen sich von „Die Münze Nuria“ berührt und angesprochen.
Die Autorin Sylvia Führer wurde 1968 in Stuttgart geboren und ist auf Gran Canaria aufgewachsen. 1987 legte sie ihr zweisprachiges Abitur im mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweig ab. Sie studierte Grundschulpädagogik mit den Hauptfächern Musik und Religion in Freiburg i. Br. Über ihre langjährige Unterrichtserfahrung seit 1992 publizierte sie 2001 ein vielbeachtetes musikpädagogisches Methodikbuch. Es folgten zahlreiche Publikationen zu pädagogischen Themen. 2007 veröffentlichte sie ihr erstes Kinderbuch: „Die Münze Nuria“.
Zu ihrer Motivation schreibt die Autorin: „Mich für die Ziele meines Großvaters Silvio Gesell einzusetzen, ist mir von Kindesbeinen an ein starkes Anliegen. Mit achtzehn Jahren strebte ich ein wirtschaftswissenschaftliches Studium an, sah aber sogleich, dass es bereits hervorragend qualifizierte Menschen gibt, um die Verwirklichung der Freiwirtschaft (Humanwirtschaft/Fairconomy) in unserer Zeit von der technischen Seite her zu ermöglichen. Meine eigene Aufgabe entdeckte ich darin, Kinder in ihrem natürlichen kooperativen Wesen zu stärken. Mit dieser Grundausrichtung ist es ihnen möglich, später das Geld nicht als Machtinstrument, sondern als Mittel zur Verbindung zwischen den Menschen wahrzunehmen.
Die Notwendigkeit einer Umlaufsicherung des Geldes zu verbreiten, geht auch damit einher, erst einmal das Bewusstsein dafür zu schaffen, dass das Geld fließt wie Blut in unserem Kreislauf; es ist eine universelle Ware, die ihr Gesicht mehrmals am Tag ändern kann. Wir können es ansparen, sollten aber – alle gemeinsam – von dem Traum wegkommen, das Geld „selbstständig“ zu vermehren. Im Kopf und im Herzen beginnt jede Veränderung; mich selbst sehe ich vor allem für die Förderung der psychologischen Weichenstellungen zuständig.“
Anmerkungen des Herausgebers von ALTERNATIVEN: In meiner Lehrerzeit bekam ich die SchülerInnen der Oberstufe in Sachen Geld bereits verbildet. Das Zinssystem wurde ihnen in Klasse 3/4 mit der Aufgabe „eingetrichtert“: „Hans bekommt vom Onkel 100 Mark. Er bringt sie aufs Sparbuch. Der Zins ist 3%; wie viel hat er nach 1 Jahr?“ Dass der Zins nicht vom lieben Gott kommt, sondern oft von den Vätern der Kinder als verschuldete Häuslebauer erarbeitet werden muss, erfahren sie nicht. In der Ausbildung der Lehrer wird der tiefere Grund einfacher Volksweisheiten, wie sie z.B. im Kinderlied „Taler, Taler, du musst wandern, von dem einen zu dem andern“ zum Ausdruck kommt, nicht verinnerlicht: Nur im Umlaufen spendet das Geld Segen. In Klasse 10 festigen Aktien-Gewinnspiele der Banken das kapitalistische Zinsdenken der Schüler und Lehrer.
Im Gegensatz zu heute wurden in den 20ern viele Lehrer Anhänger Gesells und gaben dieses Wissen in Schulen/Volkshochschulen weiter. Lag es daran, dass die Bewegung um Silvio Gesell damals viel stärker war als heute? Zu meiner aktiven Zeit dürften an den Gymnasien der West-BRD gerade mal ein Dutzend Lehrer NWO-Theorien in den Unterricht eingebaut haben, was nicht nur in Geschichte, Religion oder Mathe möglich ist.
Erst in meinen letzten Lehrerjahren konnte ich in der in Niedersachsen kurzlebigen Orientierungsstufe (5./6. Klasse mit Lehrern aus Haupt-, Real-, Gymnasialstufe) die Kreislauftheorien des Geldes kindgemäß/spielerisch anhand dieses Liedes aufarbeiten. Es ist wichtig, den Kindern durch ein Märchen wie „Münze Nuria“ schon frühzeitig die Rolle des Geldes bewusst zu machen und psychologisch den Boden zu bereiten, dass „Geld rollen muss, wenn wir leben wollen“. Ganz unten – bei den Kindern. „Nuria“ ist ein wichtiger Baustein für meine 30-20-10 Jahre Strategie zur Verwirklichung Gesellscher Reformen, dazu „ALTERNATIVEN“ Nr. 62, Seite 20.
Georg Otto
Autorenlesungen „Die Münze Nuria“
Herzliche Einladung
zu den Autorenlesungen!
Sylvia Führer liest aus ihrem Märchenroman. Das Buch kann erworben werden und wird von der Autorin persönlich signiert. Nach Möglichkeit werden auch die Illustrationsoriginale von Fabienne Rieger ausgestellt. Die Veranstaltungen sind geeignet für Kinder ab sechs Jahren und für Erwachsene.
Besprechungen der allerersten Lesungen
Autorenlesung in Bad Krozingen am 17. Mai 2007
(Rathaussaal, Josefshaus)
Die Autorin Sylvia Führer hat am 17.5.07 im Ratssaal von Bad Krozingen ihren Märchenroman über Nuria, die Ein-Euro-Münze, erstmals vorgestellt. Diese Neuerscheinung besitzt darüber hinaus, eine Erzählung für Kinder zu sein, auch für Erwachsene einen reellen und tiefsinnigen Hintergrund. Der Werdegang dieser personifizierten Münze beginnt in einer lustigen Schule, denn ihr „Beruf“, allen Menschen zu bringen was sie brauchen, will gelernt sein!
Im vollbesetzten Saal las Sylvia Führer zwei Kapitel aus ihrem Buch vor, das sie bereits im Vorfeld einigen Klassen der Johann Heinrich v. Landeck-Grundschule vorgelesen hatte.
Eröffnet wurde die Veranstaltung durch Sabine Derdus mit einem selbstkomponierten flotten Stück auf dem Flügel mit dem Titel „Nuria rollt durch die Welt“. Denn Nurias Wunsch ist es, in Umlauf zu bleiben – und so manch ein Abenteuer hat sie im Buch zu bestehen, um diese Absicht dauerhaft verwirklichen zu können.
Über den Entschluss und die Absicht diese Erzählung zu schreiben, äußerte sich Sylvia Führer, sie wolle Gespräche zwischen Kindern und Erwachsenen darüber anregen, auf welche Weise das Wirtschaften die Menschen miteinander verbindet. Kindlicher Kooperationsgeist und ihre angeborene Logik seien – auf unsere Zukunft hin orientiert – ebenso maßgebend wie die handfesten Tatsachen in der globalisierten Welt mit ihrem noch vorhandenen Konkurrenzkampf. Wir können, so Sylvia Führer, durch den Aufbau von Teamgeist eine Gesellschaft schaffen, in der – mithilfe des Tauschmittels – jeder für jeden da ist. Besonders deutlich wird diese Intention im Verlauf der Geschichte, als Nuria in einer dramatischen Szene dem virtuellen Geld im Computer begegnet
Am Schluss der Veranstaltung hatten die Zuhörer die Möglichkeit, persönliche Widmungen und Handsignierungen zu erhalten, bei denen auch die Illustratorin Fabienne Rieger, deren Originale zu besichtigen waren, und die Layouterin Ana Castro ihre Feder schwangen.
Anke Bloemeke




Autorenlesung in Weil am Rhein am 30. November 2007
(Autoren-, Liedermacher- und Poetentreff)
Liebesbrief an die Region von hiesigen Literaten – Markgräfler Kulturführer und Autoren der Region wurden in der Weiler Stadtbibliothek vorgestellt. Von Ursula König, Weil am Rhein.
Kulturschaffende unterschiedlichster Sparten sind im neuen Markgräfler Kulturführer vertreten (wir berichteten). Die Idee des Herausgebers Peter Martens vom Art+Weise-Verlag, einzelne Künstler an drei verschiedenen Abenden öffentlich vorzustellen, fand guten Anklang. Dichter, Erzähler und Liedermacher beendeten am Freitag die Veranstaltungsreihe vor einem aufmerksamen Publikum in der Weiler Stadtbibliothek. Bekannte und weniger bekannte literarische Vertreter aus dem Markgräfler Land bestritten ein vielseitiges Programm, das von Kinderliteratur über alemannische Lyrik bis zu vertonten Gedichten von Ringelnatz reichte.
Seit 1984 lebt die gebürtige Rumänin Karin Gündisch im Südwesten Deutschlands. Ihre Kinderbücher sind mehrfach ausgezeichnet worden. In der Erzählung Lilly findet einen Zwilling beschreibt die Autorin nicht nur die Freundschaft zweier Mädchen, sondern geht auch auf das Thema Integration ein. Mit ihrer Entdeckungsreise in Deutschland wirft sie einen fremden Blick in das Land, das mittlerweile für sie zur Heimat wurde.
Die Verbindung zwischen Kindern und Erwachsenen schafft Sylvia Führer mit ihrem Märchenroman Die Münze Nuria. Geld sei ja an sich ein eher trockenes Thema, aber gleichzeitig sei es auch eine Verbindung zwischen den Menschen, erläuterte die Autorin ihr Werk, in dem personifizierte Münzen in die Schule gehen und allerhand Abenteuer erleben.
Heiteres und Melancholisches präsentierte das LiteraTheater (Jutta Hoppe und Martin Lunz) musikalisch untermalt in einem abwechslungsreichen Ringelnatz-Programm.
Zum Markgräflerland gehört natürlich der hiesige Dialekt. Mit dem Liedermacher Frank Dietsche sei man nun bei der Mundart angekommen, erläuterte Martens den zweiten Programmteil. Die uns umgebende schöne Landschaft und die Menschen darin besang der alemannische Troubadour amüsant und tiefgründig.
Alemannisch ist auch die mehrfach ausgezeichnete Lyrik von Manfred Markus Jung, die bereits in viele andere Sprachen übersetzt wurde. Mit einer Kostprobe seiner Gedichte verdeutlichte er, was er darunter versteht, das Sprachinstrument Mundart zeitgemäß darzubieten.
Scharfe Beobachtungsgabe zeichnet die feinsinnigen und filigranen Gedichte von Rosmarie Bronikowski aus.
Der Kulturführer sei ein Liebesbrief an die Region und an die Menschen, die hier leben, bescheinigte Ellen Benz, Leiterin der Bibliothek dem sechsten Band, der die Fülle an kulturellem Potenzial im Markgräflerland ersichtlich macht.
Autorenlesung in Ballrechten-Dottingen am 2. Dezember 2007
(Plan Aktionsgruppe Staufen, www.plan-aktionsgruppen.de)
Die Münze Nuria glänzte in Ballrechten-Dottingen
Das Kinderhilfswerk Plan, Aktionsgruppe Staufen, bot am Sonntag, den 2. Dezember eine besondere Adventsveranstaltung: Sie lud die Autorin Sylvia Führer ins neu gegründete Castellbergzentrum in Ballrechten-Dottingen ein. Gelesen hat sie für Kinder ab sechs Jahren und für Erwachsene.
Da Plan International durch Patenschaften notleidende Kinder in Hungergebieten unterstützt, bot sich die Zusammenarbeit mit der Autorin geradezu an. Denn „Die Münze Nuria“ ist weit mehr als ein traditioneller Märchenroman. In dieser Geschichte wird eine Münze zu Leben erweckt, die aus einem völlig neuen Blickwinkel heraus die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Menschen schildert.
Mit viel Schwung und unter Einbeziehung des Publikums interpretierte Sylvia Führer ihren Märchenroman, indem sie bei besonders spannenden Stellen die Kinder fragte, wie es wohl weiterginge und diese manchmal auch hervorbat: Aus den Originalillustrationen von Fabienne Rieger, die den Raum als Bühnenbild schmückten, durften sie wichtige Details für alle beschreiben. Anwesend waren viele Kinder, die deutlich jünger waren als das in der Einladung und Pressemitteilung angegebene Mindestalter. So war es nur gut, dass die Geschichte auch musikalisch dargestellt wurde, sodass die Handlung von den Kleineren deutlicher erfasst werden konnte. Mit Begleitung auf der Trommel durch den sehr begabten achtjährigen Perkussionisten Joel Cathala, spielte die Autorin viele kleine Musikstückchen auf ihrer Flöte vor, welche die Handlung akustisch wiedergaben. Auf diese Weise war die Lesung eine Anregung für alle Sinne und lud zum Nachdenken ein. Denn was sich für die Kinder als nette Geschichte darstellte, beinhaltete gleichzeitig für die Erwachsenen einen tiefsinnigen Hintergrund.
Das Stilmittel der Personifikation, durch das die Münzen zu kleinen fühlenden Wesen werden, regt die Kinder in ihrer Phantasie an. Für die Erwachsenen bedeutet das Lebendige des Geldes, dass sie für einen Augenblick das Geld nicht als eine Möglichkeit zu betrachten brauchen, selbst immer mehr Geld zu erhalten, sondern als Chance, die Menschen in einem lebendigen Kreislauf miteinander zu verbinden. Nuria ist am glücklichsten, wenn sie sogar einem Kind in einem Hungergebiet helfen darf. Im Laufe der Geschichte verstärkt sich bei ihr dieser Wunsch; aber auf welche Weise sie es genau schafft, zu diesem Kind zu gelangen – das durften die Gäste dann zu Hause im Buch „Die Münze Nuria“ weiterlesen.
Verbindendes hatte die Lesung auch für die Paten von Plan, insofern, dass sie die Möglichkeit erhielten, sich gegenseitig kennenzulernen, um weitere Aktivitäten zu organisieren. Diejenigen, die Plan noch nicht kannten, konnten hier fühlen, wieviel Freude es bereitet, sich dank des Wohlstandes in unserem Land über die Grenzen des Konsumdenkens hinaus zu bewegen.
Am Ende der Veranstaltung hatten die Besucher noch die Möglichkeit, in die Overtone-Tube von Martin Seliger und Jana Soloyey zu klettern, die freundlichen Gastgeber vom Castellberg-Zentrum. Dieses Klangerlebnis bringt eine völlig neue Dimension des Zuhörens mit sich, da man sich als Lauschender im Resonanzkörper des Instrumentes befindet. Die zauberhafte Atmosphäre des Abends führte dazu, dass Herr Seliger für die Kinder, die sich im Instrument befanden, eine monochordische Musik spielte, die er als „klingende Münzen“ bezeichnete, welche von einer Seite zur anderen des riesigen Resonanzraumes rollten.
Die Veranstaltung verband auf einmalige Weise Wort, Musik und Bild miteinander. Sie ist als Auftakt zu sehen für die Arbeit der Aktionsgruppe Staufen von Plan Deutschland in diesem Fall speziell für Schulen in Uganda, das Projekt, das mit dieser Lesung gefördert wurde. „Die Münze Nuria“ erhält ihren eigentlichen Sinn durch ihre Verwirklichung in der Realität, ganz so wie sie von Plan vorgelebt wird: die Hilforganisation, die Liebe zu Kindern als weltumspannende Aufgabe begreift.
Dr. R. Muster und Ilse Peuster
Herzlich Willkommen zu den Vorträgen!
Hier besprechen wir tiefere Ursachen der Finanzkrisen, die vorrangig in der exponentiellen Vermehrung von Geldvermögen über den Zins und Zinseszinseffekt und in der Spekulation zu finden sind. Sie werden vertraut mit Lösungen im Sinne einer öffentlichen Umlaufsicherung, und Sie lernen Regionalwährungen kennen, die diese bereits im Kleinen erproben. Die Vorträge finden häufig in Zusammenarbeit mit Experten zum Thema Geld statt.
Begrüßungsrede gehalten bei der Jahresfeier des Fördervereins Natürliche Wirtschaftsordnung am 28.11.2008 in Wuppertal
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
„alle Tiere sind gleich, aber manche Tiere sind gleicher als andere“, lesen wir bei George Orwell. Ich meine, hier und heute: Alle Momente sind besonders, aber manche Momente sind besonderer als andere. Wir treffen uns hier zu einem historischen Zeitpunkt, der eine entscheidende Wende für unsere Gesellschaft, für unsere Wirtschaft, sogar für die globale Wirtschaft und unser aller Leben bringen kann.
Mit Schrecken beobachtet die Welt die Finanzkrise; es zeichnet sich ein Szenario ab, dass es in der Realwirtschaft möglicherweise erst eine Deflation, dann in vielen Ländern eine hohe Inflation geben wird. Wir teilen diesen Schrecken nicht unvorbereitet, sondern sehen in ihm die große Chance, dass die Welt nun verstehen wird, was es tatsächlich mit dem exponentiellen Wachstum von Geldvermögen auf sich hat.
Schon über hundert Jahre ist diese Erkenntnis alt, sie ist treu von Hand zu Hand weitergeleitet worden, von Angesicht zu Angesicht überliefert worden; sie wurde ausgefeilt, über die Jahrzehnte hinweg den aktuellen Gegebenheiten angepasst, immer wieder neu durchdacht, und durch die kritischen Angriffe von Außenstehenden wurde das Gebäude immer robuster und lud letztlich sehr viele dazu ein, teilzunehmen am Aufbau dessen, was Silvio Gesell wagte, als „das gewaltigste Werk aller Zeiten“ zu bezeichnen. Tatsächlich bringt die Abkehr von der Gier im Wirtschaftsleben und die Einführung dessen, was wir Freiwirtschaft, Natürliche Wirtschaftsordnung oder Humanwirtschaft nennen, eine komplette Veränderung, ein Aufatmen, für unsere gequälte Erde.
Jeder von uns hat eine andere Vision, wie die Gesellschaft aussehen wird, wenn die Geldreform durchgeführt wurde. Wenn die Wirtschaft erst einmal befreit ist vom krebsartigen Zins- und Zinseszinswachstum sowie von der Übermacht der Spekulation und sie sich auf die Initiative und Tatkraft sehr Vieler verteilen kann, dann wird jedes Land, jede Gemeinde, jede Gemeinschaft… mit der Zeit die für sie sinnvollsten Lebens- und Arbeitsformen hervorbringen.
An dieser Stelle möchte ich Ihnen einen Aspekt aus meiner persönlichen Vision beschreiben. Ich wünsche mir, dass die Wirtschaft von ihrer Anonymität befreit wird. Dazu möchte ich Ihnen etwas erzählen: Ich habe in der Nähe von Köln auf dem Land eine Freundin, diese hat einen Sohn, und der ist Pilot bei einer Fluglinie. Neulich ist er über Köln geflogen, und er teilte seiner Mutter vorher die Uhrzeit mit. Es war mitten am Tag, und er sagte ihr, er würde beim Flug über Köln mit dem Bodenlicht blinken, damit sie wisse, dass er es ist, dort oben in der Luft. Ein kleines privates und persönliches Zeichen in einer völlig technischen und durchorganisierten Situation. Ganz unabhängig davon, dass bei uns viel zu viel geflogen wird, hat mich diese Geschichte berührt. Ich wünsche mir eine Welt, in der die Persönlichkeit im Beruf auch ihre Gefühle zum Ausdruck bringen kann, sodass es zum Beispiel üblich wäre, durch die Gänge eines Bürogebäudes auf dem Weg zum Kopierer ein Liedchen zu pfeifen. Eine Welt wünsche ich mir, in der man hinter Wirtschaftsleistungen Personen wahrnimmt und nicht nur Markennamen.
Die persönliche, konkrete Vision einer Gesellschaft, in der nicht mehr das Geld dominiert, sondern die Menschlichkeit, kann sich jeder selbst ausmalen, und in der Zusammenschau all dieser Gemälde liegt unsere Kraft. Von den konkreten technischen Möglichkeiten, die Geld- und Bodenreform durchzuführen, werden sich die besten herauskristallisieren. Als ein erster Schritt wäre meiner Meinung nach zu begrüßen, dass das staatliche Geldemissionsmonopol aufgehoben wird, was ja schon durch die Regiogeldbewegung vorbereitet wurde, die zum Glück mit Wohlwollen von der Bundesbank geduldet wird. Dürfen verschiedene Institutionen Geld emittieren, so werden Geldsysteme, die das größte Vertrauen genießen, bevorzugt verwendet werden.
Unsere Zeit ist gekommen. Es ist Zeit, größere Mengen von Menschen für unsere Analysen zu sensibilisieren, aber vor allem für unsere Vision zu begeistern. Die schon über hundert Jahre unter der Oberfläche agierenden vielen Ehrenamtlichen, die keine Mühe gescheut haben, an Politiker zu schreiben, Vorträge zu halten, Artikel zu verfassen, Ideen weiterzuentwickeln, an Ständen mitzuwirken, die Geduld ihrer Ehepartner und vor allem Ehepartnerinnen zu strapazieren durch diesen Dauerjob: Nichts von alldem war umsonst, selbst wenn sie teilweise, wie Moses, die Ankunft am Ziel nicht mehr persönlich erleben konnten.
Es vollzieht sich in unserer Welt ein stiller Wandel der Organisationsstrukturen: Waren noch bis vor wenigen Jahrzehnten die Medienstrukturen ausschließlich pyramidal organisiert, mit One-to-many-Informationen, leben wir nun schon längst dank dem Internet in einer Many-to-Many-Informationskultur. Die Tatsache, dass sich die Gesellschaft immer mehr netzwerkartig organisiert, birgt in sich die Hoffnung, dass es möglich sein wird – als Gegenpol zu der pyramidalen Macht in der Politik – zunehmend eine partizipative Demokratie zu erschaffen, in der an der Basis der Gesellschaft an Entscheidungen gearbeitet wird.
Es ist die große Stunde gekommen, in der die Kooperation aller Beteiligten in der Gesellschaft groß geschrieben werden wird: und zwar keine additive Kooperation, sondern eine synergische, eine Zusammenwirkung, in der jeder einbringt, was er kann und dadurch gemeinsam etwas Größeres entsteht, als wenn man Einzelleistungen addieren würde. Leben wir dies jetzt schon vor! Jeder Mann, jede Frau, ist mit seinen oder ihren ganz speziellen Fähigkeiten gefragt. Wir haben jetzt schon die Chance, das was letztlich unserem Planeten aus dem Desaster helfen wird, in unserer Bewegung zu praktizieren.
Wichtig ist dabei nicht, ob die Einführung der Freiwirtschaft zum Beispiel an eine neue Finanzministerin namens Margrit Kennedy gebunden sein wird, oder ob sie eingeführt wird, weil Jörg Gude Angela Merkel berät. Es ist gleichgültig, ob Prof. Berger sie als Bundeskanzler einführt oder ich als Ghostwriterin Peer Steinbrück verdrängte Zusammenhänge unterjubele. 🙂 Wichtig ist einzig, dass wir einmal sagen können: „Wir gemeinsam haben es geschafft!“ Jeder steht hinter jedem und unterstützt jeden, mit praktischen Erfahrungen, mit Informationen, mit seinem Mitfiebern, wenn einer seine Arbeit öffentlichkeitswirksam einsetzt. Der Sieg eines jeden ist auch der Sieg aller anderen. Silvio Gesell stand am Anfang der entscheidenden Erkenntnisse zum Geldsystem, es gab niemanden, der sie so früh hatte wie er, aber heute kommen unabhängig davon an ganz unterschiedlichen Orten unseres Planeten Menschen auf ähnliche Ideen – wichtig sind hierbei keine Namen, sondern dass wir als Menschheit gemeinsam diesen wichtigen Schritt schaffen!
Silvio Gesell sagte in seiner Verteidigungsrede 1919: „Die zu lösende Aufgabe erfordert opferfreudigen, großzügigen Geist“. Wichtig an „opferfreudig“ erscheint mir das „–freudig“. Wir sind es nicht mehr gewohnt, so zu denken. Wie kann man sich nur freuen, dass man etwas opfert? Viel zu sehr hat, auch uns, das kapitalistische Denken, das uns an jeder Straßenecke, durch die Fernsehröhre, an unserem Arbeitsplatz und bei unseren Einkäufen überrollt, fest im Griff. Wir denken in Nullsummenspielen, die die Synergie leugnen. Was das bedeutet und welche Vorzüge es hat, uns ein Denken in Nichtnullsummenspielen anzueignen, erfahren Sie in meinem Vortrag morgen.
Ich möchte noch ein paar weitere Stellen aus der Verteidigungsrede zitieren. Wie Sie wissen, drohte Silvio Gesell die Todesstrafe, weil er zum Finanzminister der wenig später gestürzten Münchner Räteregierung bestellt worden war. Alleine war er, in einem ‚Ungemach“, wie er es nannte, in Todesgefahr, aber voller Hoffnung – und die Situation draußen in der Welt schien ähnlich verfahren wie die heutige unserer Welt. Wir wissen, dass die Situation in vielen Teilen der heutigen Welt noch extremer ist, und so kommt uns der Satz Silvio Gesells fast familiär vor: „Die Reichsbank macht sich eher vor jedem Dienstmädchen lächerlich, als dass sie eingesteht, am Ende ihres Lateins zu sein.“ Er beschreibt die damalige Situation folgendermaßen: „Flickarbeit, vollkommene Ratlosigkeit gegenüber der Arbeitslosigkeit, der Wohnungsnot; Hoffnungslosigkeit in den Arbeiterkreisen, Verzweiflung in den führenden Schichten. Immer neue Reibungen zwischen den Ministern, von denen die eine Hälfte nach rechts zieht, die andere wohl nach links möchte, aber den Weg dahin nicht findet. (…) Stillstand ist der Erfolg, und Stillstand ist heute die Ruhe, in der die Hagelwetter sich vorbereiten.“
Wer heute eine lichtsprühende Theorie zur Führung der Finanzen braucht, sagte mein Großvater, „dem wird wohl nichts anderes übrigbleiben als nach Stadelburg sich zu bequemen. Dort in dem Ungemach 169 wird er sie finden.“ (Stadelburg wurde das Gefängnis Stadelheim genannt, in dem Silvio Gesell in Untersuchungshaft gesessen hat.)
Wir heutigen, die wir hier zusammensitzen, haben gegenüber Silvio Gesell einen großen Vorteil: Es ist inzwischen im Stillen über den ganzen Globus bei sehr vielen Menschen das Bewusstsein herangereift, dass ein Vorwärtskommen der Menschheit nur „miteinander“ funktioniert. Meiner Meinung nach ist die Zeit inzwischen reifer geworden für die Aufnahme der Ideen Silvio Gesells. Das Erkennen von tatsächlichen Zusammenhängen lässt sich ab einem bestimmten historischen Zeitpunkt nicht mehr aufhalten, dort hin zu kommen, wo es hingehört: In die Herzen und den Verstand der Menschen.
Nun wünsche ich Ihnen allen eine gute Jahresfeier und einen schönen Aufenthalt in der Silvio-Gesell-Tagungsstätte.
Vortrag zur pädagogischen Arbeit zum Thema Geld
am 29.11.2008 in Wuppertal
„Papa, wer bezahlt eigentlich die Sonne und den Regen?“
Mit Kindern unterwegs zu einem neuen Geldbewusstsein

Am 29.11.08 um 14:00 hielt Sylvia Führer in der Silvio Gesell Tagungsstätte (Schanzenweg 86, 42111 Wuppertal) einen Vortrag zu ihrer pädagogischen Arbeit zum Thema Geld.
Ausgangspunkt des Vortrages war die Frage, wie die Natürliche Wirtschaftsordnung so präsentiert werden kann, dass eine größere Resonanz in der Bevölkerung zu erreichen ist. Anknüpfend an die psychologischen Weichenstellungen in Richtung gesunde Geldordnung, zeigte die Referentin auf, wie Kinder und Erwachsene sich gegenseitig zu den nötigen Bewusstseinsschritten inspirieren können. In Wort und Bild präsentierte sie eine Fülle von Wegen, die aus ihrer Praxis mit Kindern resultieren. Auch unterschiedliche Kinderliteratur zum Thema kam zur Sprache.
Des weiteren war Sylvia Führer am Sonntag den 30.11.08 um 10:00 bei einer Podiumsdiskussion zu Fragen einer neutralen Geld- und Bodenordnung zu hören.
Informationen zu dieser Jahresfeier des Fördervereins Natürliche Wirtschaftsordnung e.V. finden Sie bei der Zeitschrift Humanwirtschaft (heute: Zeitschift Humane Wirtschaft).
„Die Münze Nuria“ kann bei der Autorin, gerne auch mit pers. Widmung, bestellt werden.
„Die Münze Nuria“, 112 Seiten, Hardcover,
farbig illustriert von Fabienne Rieger, Fadenbindung.
Preis: 14,90 Euro / Exemplar
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